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[   Band 6 Brief 57:    Humboldt an Caroline    London, 3. März 1818   ]


die Quelle alles meines Glücks, aber da sich dann auch die eigene
Natur daran geheftet hat, auch Quelle der Wehmut. Man kann
es dem Efeu vergleichen, der wohl manchmal hemmt und Kräfte
nimmt, aber von dem man sich nie loswinden, in den man lieber
alle eigene Kraft selbst verhauchen möchte.
Dabei schwebst Du immer, so tief, so wahr, so frei von Täu-
schung ich auch Dich kenne und sehe, in einer unbeschreiblichen
Reinheit und Klarheit, hast alles Menschliche und nichts Irdisches
und trägst mich, wenn ich Dich gleich immer, wie ich’s in der
schlichtesten Wahrheit sagen kann, als das viel Höhere und Bessere
erkenne, so in all Dein Empfinden und Fühlen verwebt, daß auch
wieder von mir vieles in Dich übergeht und auch Du allein,
oder mit einem andern nicht das geworden wärst. Wir haben,
und das zeichnet uns, glaube ich, am meisten aus, mit dem stärksten
teilnehmenden und mitarbeitenden Gefühle für die Wirklichkeit,
doch immer etwas, das uns von ihr abzieht, und den Fuß leicht
aufsetzen und im reinen Gebiete der Gedanken und Empfindungen
leben läßt; diese Mittellinie ist schwer zu halten, und keinem von
uns wäre es ohne den andern gelungen. Lächle nicht, süßes Kind,
daß ich so zergliedere, was sich eigentlich nicht zergliedern läßt.
Du weißt, es ist von alter guter Zeit, wo wir noch mit Schiller
zusammen waren, so meine Art, der Du auch nicht abhold bist.
Da sich einmal alles im Menschen vereint, so bleibt er immer der
dankbarste Stoff der Betrachtung, und wen unter allen Menschen
kennt man wie sich? Ich würde sehr gern mein Leben in den
letzten Jahren bloß mit solchen Selbstbetrachtungen beschließen,
und wenn ich die letzten sage, so ist es nur, weil man den Faden
am besten da aufnimmt, wo man ihn als abgesponnen ansehen
kann. Mit Dir aber rede ich sehr gern davon, weil ich Dir gar
nicht beschreiben kann, wie sich oft mein ganzes inneres Wesen in
Dankbarkeit gegen Dich auflöst, so in die höchste und innigste, die

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