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[   Band 6 Brief 45:    Humboldt an Caroline    London, 23. Januar 1818   ]


45. Humboldt an Caroline                         London, 23. Januar 1818

Wellington ist hier und bleibt nur sehr kurz, nicht einmal
hier, sondern beim Prinz-Regenten in Brighton, er kam
gleich den Tag nach seiner Ankunft zu mir, fand mich
aber nicht, nun bin ich heute und lange bei ihm gewesen. Er war
von der alten Freundlichkeit und Vertraulichkeit. Ich finde aber,
daß er gealtert hat. Keiner entgeht dem. Wie ich wieder zu
Hause kam, besuchte mich die Berg, die sehr freundschaftlich mit
mir ist, sie geht leider in wenigen Tagen von hier ab. Sie ist
ganz voll von den Schillerschen Briefen. Da sie gar keine Familien-
sachen enthalten, kaum einige leichte Persönlichkeiten gegen einige
und noch dazu jetzt vergessene Gelehrte, so fand ich kein Bedenken,
sie sie lesen zu lassen. Ich lese sie bei der Gelegenheit selbst wieder,
und ich glaube wirklich, daß sie zu den interessantesten gehören, die
es noch von Schiller geben mag. Er ging schon darum weder
mit Goethe noch Körner so in die innersten Fragen über sich
und seine poetische und schriftstellerische Individualität ein, weil
keiner von beiden sie so ausführlich mit ihm erforschte und unter-
suchte. Auch sind die Briefe gerade aus seiner wundervollsten
Periode, vor dem Wallenstein, wo er, wie unglaublich es einem
jetzt vorkommt, geradezu an seinem Beruf zum Dramatischen ver-
zweifelt. Es hat nie eine solche Denkkraft über eine solche ge-
brütet.
Über Carolinen und die Herz und die Idee, sie zusammen
allein in Rom zu lassen, schrieb ich Dir noch gar nicht. Gewiß
kann man der Gewissenhaftigkeit der Herz und auch ihrer Kenntnis
bei kranken Personen sehr vertrauen, allein ich möchte Dir doch
nie raten, etwas der Art zu unternehmen. Es ist ein furchtbares
Wagestück. Es ist nicht sowohl ein Unglück, das ich fürchte, das
meine ich gar nicht. Aber ich fürchte Euch beide. Niemand kann

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