< zurück Inhalt vor >
[ Band 6 Brief 22: Caroline an Humboldt Rom, 25. November 1817 ]
Es liegt immer etwas eigentlich Unnatürlich und Zerreißendes darin, wenn ein liebes Wesen sich von seiner Mutter trennt. Gottlob, daß ich bei Adel wenigstens es mit der Ruhe tun kann, daß sie glücklich und geliebt ist. Sie fuhren über den Spaziergang auf Trinità di Monte hinab dem Tore zu, und aus Bassano empfing ich ein Zeichen des Lebens von ihnen durch folgende Veranlassung. Der Tod der Prinzessin Charlotte von England, der Sonntag hier bekannt wurde, hat einen starken Kurierwechsel zwischen Pesaro und hier veranlaßt. In Pesaro ist die Prinzessin von Wales in einer Villa etabliert. Nun, allea storta treffen sich zwei sich entgegenkommende Kuriere, zanken sich um die Pferde, und der von Pesaro kommende schießt den hiesigen durch den Leib. In demselbigen Augenblick kommt Adelheid an, sie schreiben einige Zeilen, damit ich nicht durch das Gerücht beunruhigt würde. Ich habe heute, geliebtestes Herz, deine beiden Briefe vom 1. und 5. November. Du schienst am 5. nichts zu wissen von der Prinzeß Charlotte. Die Arme! So jung und so schnell und so schmerzlich ging sie dahin! Ihr Tod scheint mir eine sonder- bare Lage der Dinge herbeizuführen. Ingenheim sagt mir, derselbe Kurier habe auch die Nachricht der Präsentation der Herzogin von Cumberland gebracht. Aus Berlin sagen alle Briefe (Ingenheim hat welche von seinem Stiefbruder B[randenburg] *), Eckardtstein hat andere, die Herz andere), wie sehr man Dich vermisse und hoffe, Deine Ab- wesenheit werde nicht lange dauern. Die gestern von Berlin an- gekommenen Briefe sagen, der Staatskanzler ginge nach den Rhein- provinzen, und die Eröffnung des Staatsrats sei ajourniert. Ist dem so? Daß alles Menschliche Stückwerk ist, merkt man doch zu sehr. ——— *) Friedrich Wilhelm Graf Brandenburg, geb. 1792, † 1850, Sohn Friedrich Wilhelms II. und der Gräfin Dönhoff. 58