< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 6 Brief 18:    Caroline an Humboldt     Rom, 15. November 1817   ]


Nun adieu für heute, süße Seele, wir schweifen dieser Tage
wegen August noch ungemein weit umher. Die Kinder grüßen
                                Ewig Deine Li.

19. Humboldt an Caroline                     London, 15. November 1817

Die Zusammenkunft der Studenten auf der Wartburg am
Reformationsfest hat großes Aufsehen gemacht. Sie
haben mehrere Bücher, unter anderen Ancillons *) Consti-
tutionsbuch verbrannt, ich finde, daß das diesen Schriften zuviel
Ehre erzeigen heißt, außerdem ist dem Feuer ein österreichischer
Korporalstab, ein hessischer Zopf, eine preußische Offiziersbrust und
ein englischer Frack überliefert worden. Dann soll man aber auch
sehr skandalöse Reden gegen die Fürsten gehalten haben, wenn
alles wahr ist. Es ist sehr fatal, daß sie sich nicht mit mehr Anstand
und Würde benommen haben. Es vermehrt nur immer mehr das
Gerede der Unvernunft und Engherzigkeit und gibt ihm Grund und
Vorwand in die Hand. Es muß auch die Regierungen zurück-
schrecken, die, wie die weimarische wirklich in einem sehr guten
Sinne dabei gehandelt hatten. Daß sie auch die Kongreßakte ver-
nichtet haben, wird behauptet, aber bezweifelt.
Der Kurfürst von Hessen **) hat übrigens ein verstocktes Zopf-
edikt herausgegeben. Jeder Zopf muß fünfzehn Zoll lang sein, und
die Unteroffiziere tragen an ihren Stöcken eine Schnur, die genau
dies Maß enthält.  

———
*) Johann Peter Friedrich Ancillon, geb. 1767, † 1837. 1790 Prediger
der französischen Gemeinde in Berlin. 1810—1814 Erzieher des Kronprinzen,
dann im Ministerium des Auswärtigen, 1831 Staatssekretär und 1832 an
der Spitze des Ministeriums.
**) Wilhelm I., geb. 1743, † 1821, seit 1803 Kurfürst von Hessen, 1806
von den Franzosen vertrieben, zog 1813 wieder ein.

                                                                         52