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[   Band 6 Brief 16:    Humboldt an Caroline    London, 12. November 1817   ]


nie etwas so angegriffen, als die äußere Aufmerksamkeit so auf
etwas zu heften, wo das Gemüt mit ganz etwas anderem beschäf-
tigt war.

17. Caroline an Humboldt        Rom, 13. November 1817

Deine beiden lieben Briefe vom 18. und 22. Oktober sind
mir, mein teuerstes Herz, vorgestern mit der französischen
Post richtig zugekommen. Der eine, der vom 18. Oktober,
war erbrochen und auf eine sehr plumpe Weise wieder zugemacht.
Du klagst über das Postgeld. Auch hier ist es furchtbar. So ein
Brief, wie mein heutiger sein wird, kostet nah’ an einen Scudo
impostatura. Deine beiden letzten zwei Scudi, und gewiß hattest
auch Du schon dafür bezahlt.
Bülow begreife ich. Seine Briefe an Gabrielle handeln vom
ewigen Kampf mit sich selbst, diese harte Trennung mit Gleichmut
zu ertragen. Die guten Kinder wissen nicht, daß der Zustand der
Sehnsucht vielleicht der glücklichste des ganzen menschlichen Daseins ist.
Du sagst mir Deine Besorgnisse über Caroline, und ich teile
sie ganz. Indessen ist nicht zu leugen, daß sie auf dem Wege voll-
kommener Besserung ist. . . Ich liebe gewiß die Kinder alle nicht
weniger wie Caroline, denn man hat ja ein unbegreiflich ganzes
Herz für ein jedes, aber ich liebe Carolinen durch die lange Pflege
vielleicht, der sie bedurft, durch das in ihr, was nur ich erkenne, mit
einer Wehmut, die ich gar nicht aussprechen kann.
Ich muß Dir doch eine höchst ärgerliche Geschichte *) erzählen,
die vorigen Freitag, den 7., passiert ist. Lucian **) läßt, wie Du viel-

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*) Von Washington Irving zu einer Novelle, »Des Malers Aben-
teuer«, benutzt.
**) Lucian Bonaparte, Bruder Napoleons I., geb. 1775, † 1840.
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