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[   Band 5 Brief 168:    Humboldt an Caroline    Berlin, 11. Julius 1817   ]


Es ist über dem Schreiben 2 Uhr geworden, lebe wohl, innig
liebe Seele, umarme alle Kinder. Ewig mit der treusten und
innigsten Liebe Dein H.


169. Humboldt an Caroline              Berlin, 14. Julius 1817

Der Staatskanzler und Radziwill sind gestern abgereist, der
erstere nach Glienicke, der andere nach Posen. Von
Glienicke geht es übermorgen nach Karlsbad. Ich habe noch
gestern sehr freundschaftlich Abschied genommen. Ich habe noch
alle diese Morgen Konferenzen und konnte nicht nach Glienicke
kommen. Die Dinge sind in der größesten Krise, doch will alles
erst den Sprudel trinken, ehe es zur rechten Entscheidung kommt.
Ich scheide mit Ehren heraus, das kann ich mit Wahrheit sagen,
alle, auch die, die mich nicht loben, gestehen zu, daß man sich nicht
energischer und gemessener zugleich nehmen konnte. Ich habe mich
auch vollkommen gegen den Staatskanzler ausgesprochen und über-
lasse nun das weitere dem Schicksal. Der Himmel weiß, daß ich
nichts will. Ich habe nur zwei Wünsche, Dich, Einziggeliebte, und
Einsamkeit. Ich bin für die Geschäfte nicht gemacht, was auch die
Leute sagen mögen. Ich übe so alle die Eigenschaften, die ich
einmal besitze, an ihnen aus, und da wird es allerdings manchmal,
aber ich habe kein Herz für sie, sie lassen mich leer, und mein Leben
kommt mir um nichts besser vor, wenn ich sie, selbst glücklich, ge-
macht habe. Es ist ein eigenes Geschick, daß ich bei dieser Stim-
mung gerade so tief in sie kommen mußte, und wenn man darin
ist, ist es wie mit Verbindungen mit Frauen. Das Anknüpfen
ist immer leichter als das Wiederauflösen, wenn man einmal, seinem
Charakter nach, leise und ohne Stoß heraustreten möchte.
Ich treffe mit dem Staatskanzler noch am Rhein, vermutlich

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