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[ Band 5 Brief 168: Humboldt an Caroline Berlin, 11. Julius 1817 ]
Art von Versöhnung. Er nahm sie mir sehr hoch auf und hatte nicht Unrecht. Denn ich habe während meines ganzen Berliner Aufenthalts nicht so viel zu tun gehabt als gerade jetzt, und da er am 21. oder 22. hier durchkommt, so hätte ich ihn leichter ab- warten und hier sprechen können. Für das Geschäft hätte das genügt. Ich reiste hier am Montag, den 7., um 7 Uhr abends ab, fuhr die Nacht durch und war am anderen Tag gegen Mittag dort. Da der Weg der tiefste Sand und mein Wagen schwer ist, auch nicht spurt, so brauchte ich so ungewöhnlich viel Zeit zu den 14 Meilen. Der Weg gehört zu den schrecklichsten, nichts als Sand und trauriges Nadelholz. Selten erhebt sich, wie in einer Art Begeisterung, die Gegend zu Sandhügeln, die mit Kienen couronniert sind. Eine halbe Stunde vor Strelitz, das eigentlich Neustrelitz heißt, kommt man durch ein Städtchen, Altstrelitz, wo ein ehemaliges, grünangestrichenes Schloß zum Zuchthaus gemacht ist und meist nur Juden wohnen. Wenn man den Schrecken verwunden hat, daß dies der eigentliche Ort sein könnte, verfällt man wieder in eine tiefe Sandebene, bis man endlich zur Resi- denz gelangt. Diese ist nun wirklich hübsch, ein großes und recht leidliches Schloß in schönen Gärten und von großen Bäumen umgeben, dann einige breite Straßen mit Häusern, denen man es ansieht, daß sie nur wegen des Hofes so um das Schloß her gebaut sind. Beim Eingang des Ortes erwartete mich ein Bedienter des Hofes und führte mich in ein Haus, das der Bruder des ver- storbenen Großherzogs gebaut hat und wo ich sehr gut wohne. Fremde scheinen nie im Schloß zu wohnen. Jetzt war gar kein Platz, da man zur Aufnahme der künftigen Großherzogin *) darin baut. ——— *) Prinzessin Marie zu Hessen-Kassel, geb. 1795, † 1880, verm. August 1817. 355