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[ Band 5 Brief 167: Caroline an Humboldt Neapel, 6. Julius 1817 ]
167. Caroline an Humboldt Neapel, 6. Julius 1817 Noch schreibe ich Dir von hier, teuerstes Herz, und es ist noch zweifelhaft, ob ich heut hinüber nach Ischia komme. Gestern nachmittag hat ein so heftiger scirocco sich er- hoben, der noch immer fortdauert, und mit diesem kann man wohl zurück, aber nicht hinkommen. Da ich indessen glaubte, heute mit dem Tage hinzugehen, so hat mich dieser Zufall ziemlich um die Nacht gebracht. Caroline, meine arme, liebe Caroline, ist leidender denn je, ach, und unbegreiflich ist’s mir, wie solche Wärme sie nicht die empfindlichen Schmerzen im Gesicht verlieren macht. Schön- berger sieht es für zweifelhaft an, ob sie die Bäder der Insel vertragen wird. Du kannst wohl denken, daß mir das alles manchen Kummer macht, sei indes nicht bange, teures Herz, nieder- werfen lasse ich mich so leicht nicht, wie tief auch mein Herz leide. Vielleicht geht es auch gut mit den Bädern, und der Schmerz verschwindet. Ach, es ist alles in dem lieben Mädchen solch ein habituelles Leiden geworden. Warum ihr, ihr, der Schwachen, der ganze volle Kelch bittrer Krankheit! . . . Den 10., Lacco auf Ischia Wir sind seit dem 7. um 9 Uhr am Ziel unserer langen Reise. Caroline ward (auch Gabrielle, ich nicht) auf der dreistündigen Seefahrt seekrank. Wir fanden ein selbst für drei Personen ent- setzlich kleines, ängstlich schlecht eingerichtetes Quartier, zwar eine herrliche Aussicht, aber keine Persianen, keine Möbels, nichts. Wir faßten uns zwei Tage in Geduld, ich sandte einen Em- pfehlungsbrief an den Herrn Pigillo, den ich von dem Preußi- schen Konsul in Rom hatte, und dieser bewog dann meinen Hauswirt, mir die Premiere-Etage des großen Kasinos einzuräumen, wo ich früher nur im Kaffeehaus gewohnt hatte. Freilich muß 353