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[   Band 5 Brief 152:    Humboldt an Caroline    Berlin, 3. Junius 1817   ]


wenig mehr als sieben Stunden. Ich fand den Kanzler in seiner ge-
wöhnlichen Freundlichkeit. Pappenheim und der Oberhauptmann,
der Bruder des Kanzlers, waren allein von Berlin da, sonst viele
Leute der Nachbarschaft, deren Gesichter und wunderbare, auch
mit Zöpfen garnierte Kostüme, mich sehr lebhaft an die schönen,
glücklichen Wochen in Burgörner erinnerten. Den Abend ging
man spazieren und dann sehr früh, noch vor 10, zu Bett.
Neu-Hardenberg, eigentlich sonst Quilitz, was auch noch jetzt
die Benennung der gewöhnlichen Sterblichen ist, mag ein sehr ein-
trägliches, nützliches Gut sein, es hat außerdem sehr schöne Holz-
gebäude, und das ganze Dorf ist schön und ordentlich angelegt,
weil Prittwitz, dem es abbrannte, sehr viel an den Wiederaufbau
gewendet hat. Aber als Besitz würde es mir keinen Augenblick
gefallen. Die Gegend ist so märkisch erbärmlich, als man nur
etwas finden kann. Der Park ist sehr groß, so sehr, daß man
allein in diesem Jahr 4000 Taler Holz daraus schlägt, ohne daß
man es bemerkt, er ist auch hübsch angelegt, allein ein Park kann
doch nur schön sein, wenn er nicht ganz von der Gegend verlassen
ist. Überdies ist dieser so feucht, daß man nach einem Regen
nicht darin gehen kann, und zu jeder Zeit von ganzen Schwärmen
von Mücken darin verfolgt ist. Das Haus ist inwendig recht sehr
hübsch und auch groß, aber weder sehr freundlich noch vornehm,
oder fürstlich, und Burgörner kann sehr rivalisieren. Am Hause
ist ein Graben. Die Fürstin *) und Koreff hassen und verabscheuen
den Ort und das Haus.
Am Sonnabend war des Fürsten Geburtstag. Schon gegen
9 Uhr war ein Choralgesang von den Kindern im Dorf, die
recht gut singen, da sie nach Pestalozzischer Methode unterrichtet

———
*) Hardenberg war dreimal vermählt: 1. 1774 mit Gräfin Reventlow,
geschieden 1787. 2. 1788 mit Sophie, geschiedenen von Lenthe, geborenen
von Haßberg, geschieden. 3. 1807 mit Charlotte Schönemann.

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