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[ Band 5 Brief 133: Caroline an Humboldt Karlsbad, 15. Juli 1818 ]
den Zeit der Campagne, Deiner unerschöpflichen Laune, von Deinen Arbeiten, den Berichten, die Du jetzt noch neuerdings hierherge- schickt, sprach er mit außerordentlichem Enthusiasmus und wieder- holte mehrmals, daß Du ein einziger Mensch seist. Der Staatskanzler ist viel allein und amüsiert sich, im ganzen, glaube ich, nicht außerordentlich. Ich hätte sehr gewünscht ihn öfter zu sehen, allein ich weiß nicht, wie es kommt, es macht sich nicht. Eine Frau ohne männliche Begleitung ist schon an sich von manchen Zusammenkünften ausgeschlossen, dann weißt Du, ladet auch mein Wesen mich selbst nicht ein, mir etwa Mühe darum zu geben. Wenn ich den Staatskanzler zu sehen wünsche, so ist es, weil ich ihn liebe und ehre, weil man um ihn immer die rege Empfindung hat, daß das uneigennützige Wohlwollen etwas Wohltätiges für ein Gemüt haben müßte, das durch das Leben so gemißbraucht ward und gemißbraucht wird — ich fühle aber auch, wie sehr sein schweres Gehör dazu beitragen mag, ihn sehr entfernt zu halten. In gemischter Gesellschaft wird dies schwere Gehör allerdings eine Verhinderung des Gesprächs, allein aber nicht, wenn man, wie ich, gute Lungen hat. . Die Unzufriedenheit und besonders das Sprechen ist in Berlin, ich weiß wohl, allgemein. Ich fürchte, daß man manches mit dem zu vielen Sprechen verschlimmert. Im ganzen ist wohl unsere Zeit daran vorzüglich krank, daß ein jeder aus seiner Sphäre gerückt ist und nicht das tun will, oft wirklich nicht tut, wozu er da ist. Es hängt dies gewiß mit dem Erfahrenen, mit den Be- gebenheiten der Zeit zusammen, die, moralisch betrachtet, wie ein Erdbeben gewirkt haben — dann aber höre ich, soll des Königs Entfremdung an Regierungsgeschäften immer mehr zunehmen. Doch liegt in unserem Staate der Impuls von alters her, daß der König sich darum bekümmern, zuletzt entscheiden soll. Ein Mann wie Hardenberg, wie sehr er in der Wahrheit eigentlich 285