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[ Band 5 Brief 121: Humboldt an Caroline Frankfurt, 18. Junius 1816 ]
121. Humboldt an Caroline Frankfurt, 18. Junius 1816 Wenn Dir Theodor nicht schon selbst geschrieben hat, liebe Li, so kann ich Dir eine gute und sehr wichtige Nach- richt über ihn geben. Die fatale Sache, die sich vor mehr als einem Jahr anspann, ist abgemacht und er ist vollständig unversehrt geblieben und hat auch seinen Gegner nur leicht ver- wundet. Es ist mir dadurch wie ein Stein vom Herzen genommen. Es war einem ein unerträglicher Gedanke, daß so etwas auf Theo- dor und unserem sonst sehr reinen Namen sitzen bleiben sollte, und die aus dem Gegenteil entstehende unvermeidliche Gefahr war doch auch beunruhigend. . . . Ich bin vom 2. bis 16. in keinem an- genehmen Zustand gewesen. Theodors Verlust würde mich tief geschmerzt haben, gerade, daß wir oft mit ihm unzufrieden waren, gibt dem Schmerz etwas Zerreißendes und raubt ihm die schöne Milde, die sich in Wehmut auflöst. Dann war ich auch unendlich bange um Dich in diesem Fall. . . . Theodors Brief ist gut und hübsch, und ich sehe ihn als einen neuen Bund an, als eine Krise, wie sie in jedem Menschen vor- gehen muß, da, nur feiner oder stärker, jeder Mensch, mit dem es zur wahren Erkenntnis kommt, einmal in seinem Leben sein Sein gewissermaßen umkehrt und das Bessere in sich festsetzt. Das ist die tiefe Wahrheit, die in der sonst sonderbaren Lehre der Erb- sünde und Wiedergeburt liegt und deren Wahrheit jeder in sich selbst einmal fühlt, der es redlich mit sich meint, nur daß in den edlen und wahrhaft hohen Naturen das Ausziehen des alten und Annehmen des neuen Seins bloß Dinge betrifft, die nur die feinsten und wahrhaft göttlichen Seiten des Gewissens schwingen machen. Ich glaube, man kann nun auf diesem Grund bei Theodor fortbauen, und ich werde mich eigen darum bemühen. . . . Ich schrieb Dir schon, daß ich gleich einen Brief von der 264