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[   Band 5 Brief 120:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 14. Junius 1816   ]


gekommen ist. Es sind in allen vier Gedichten kaum ein paar
Verse, die man lieber anders hätte. Ich behaupte immer, daß
es unter allen, die neuerlich gedichtet haben, der ist, der am meisten
Dichterkraft und Dichtermilde besitzt, und es liegt wohl nur an
Zufälligkeiten, daß er sich nicht in etwas Großem entwickelt hat.
Es kann sein, daß mich das erste Lesen zu sehr überrascht hat,
aber ich finde sie unendlich schön. Sie sind auch wieder eine
wahre und würdige Verehrung der Frauen, was Schenkendorfen
vor allem eigen ist. Ein paar Strophen muß ich Dir doch ab-
schreiben, nicht gerade als die schönsten, aber als die mich sehr
ergriffen haben:

                 Vieles ist in Staub zerstoben,
                 Trüber Nächte Wahn entschwand.
                 Eines hat sich rein erhoben
                 Aus dem allgemeinen Brand:
                 Einen Altar auserlesen,
                 Einen Tempel sel’ger Lust,
                 Hatte sich das deutsche Wesen
                 Längst in keuscher Frauenbrust.

An einer anderen Stelle heißt es:

                 Wer soll die Kämpfer leiten?
                 Sind Frauen doch ihr Stern!

Ich werde Dir durch die Cüstine alle schicken. Du könntest viel-
leicht auch Schenkendorfen nützlich sein, süße Seele. In der In-
lage schreibe ich dem Kanzler über seine Lage. Er wünscht in den
Rheinländern angestellt zu werden, er kennt sie genau. Man hat
ihn aber nicht, obgleich Solms *) ihn gern hätte, dort angestellt,
sondern will ihn nach Magdeburg setzen. Ich werde sehen, was
ich für ihn tun kann.

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*) Friedrich Graf zu Solms-Laubach, geb. 1769, † 1822, Oberpräsident
in Cöln.

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