< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 5 Brief 107:    Caroline an Humboldt     Berlin, 11. Mai 1816   ]


trennen, und auf Jahre vielleicht, und wahrscheinlich trennt er sich 
ohne Widerspruch.
Wie er fort war, habe ich viel geweint. Allein ich habe
meiner Überzeugung nach das einzig Passende getan, so wird Gott
ja weiter helfen.
Gestern habe ich bei der Cour der Königin der Niederlande *)
den Staatskanzler gesehen und gesprochen, er meinte, Du würdest
vor dem Juli nicht fortkommen. Mir ist es unter diesen Umständen
ein Trost, ich muß es nur gestehen, die Ärzte wünschen das Karls-
bad. Bedaure mich, geliebtes Herz, es ist das Fatalste, was mir
geschehen konnte. Der Staatskanzler kommt zwar auch hin, allein
wer sieht ihn? Auch kommt er später. Ich reise den 20. ab.
Gott gebe mir die Freude, am 22. Juni bei Dir zu sein!
Nun Adieu, liebes Herz, die Kinder küssen Dir die Hände, ob-
gleich Du nichts von ihrer Untertänigkeit wissen willst.


108. Humboldt an Caroline                  Frankfurt, 13. Mai 1816

Ich sehe Deinem Brief, den Du mir durch eine Gelegenheit
verheißest, mit großem Verlangen entgegen. Ich vermute,
daß Du mir darin manches schreiben wirst, was Du der
Post nicht anvertrauen willst. Im Grunde zwar haben wir wenig
uns auf diese Weise zu sagen. Ich verlange nichts und suche nichts.
Auf die Dotation habe ich längst Verzicht getan. Im Dienst ver-
lange ich nur so viel, daß ich mein eigenes Vermögen nicht ver-
ringere, verlasse ich ihn, mache ich auf nichts Anspruch. Das Jagen
nach Pensionen ist mir in der Seele verhaßt. Wenn also auch der

———
*) Wilhelmine, geb. 1774, † 1837, Schwester Friedrich Wilhelms III.,
verm. 1791 mit dem damaligen Erbprinzen, seit 1815 Wilhelm I., König der
Niederlande.

                                                                       245