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[ Band 5 Brief 65: Humboldt an Caroline Frankfurt, 17. Dezember 1815 ]
nun durchaus dünn wird, in einer luftigen, schönen Blume. Man muß gestehen, daß nur der gotischen Baukunst eine solche unge- heure Höhe natürlich ist. Das Aufeinandersetzen von Säulen und Kuppeln hat nie dieselbe Einfachheit und Erhabenheit. Ich bin auf den Gedanken gekommen, daß der König den Dom vollenden, d. h. die Kirche ausbauen und die Türme aufführen lassen sollte. Es wäre das schönste Monument, was die preußische Herr- schaft über den Rhein sich selbst setzen könnte; schon das Unter- nehmen würde Enthusiasmus in der ganzen Gegend hervorbringen und auf ein Menschenalter hin wäre der Stadt Köln und der Gegend durch den Bau Nahrung gegeben. Man zerbricht sich den Kopf jetzt um Plane zu Kunstwerken, hier hat man ein im Entwurf bis auf das kleinste Detail gegebenes vor sich, das man nur in Wirk- lichkeit zu setzen braucht. Dann läge auch etwas Hübsches darin, daß ein Künstler, der, wie der alte Baumeister des Doms, seine Idee niederlegt, einen Monarchen findet, der ihr nach Jahrhunderten Dasein gibt. Allerdings wäre der Bau sehr kostbar. Zusammen könnte er wohl acht Millionen Gulden und mehr kosten. Allein warum müssen wir ihn gerade noch vollendet sehen? Man pflanzt auch die Bäume für seine Enkel, und solch ein Bau ist wie ein Na- turwerk. Wendete man nur 200 000 Gulden jährlich daran, und gewiß hat Friedrich II. oft mehr in elende Häuser in Berlin und Potsdam verbaut, so käme es doch am Ende zustande. Denn läge auch wohl manchmal der Bau bei Krieg oder andern Hinder- nissen, man finge ihn eben wieder an, und endlich würde er doch fertig und trüge noch in seinem Entstehen die Geschichte der Zeit in sich. Ich habe dem Staatskanzler weitläuftig darüber geschrieben. Sprich Du ihm und anderen in Berlin auch davon, besonders dem Kronprinzen. Wenn ich König wäre, täte ich das, und zugleich ließe ich die Pferdebändiger in Bronze gießen und an den Anfang 153