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[ Band 5 Brief 59: Humboldt an Caroline Frankfurt, 30. November 1815 ]
Posten sein, auf dem vielleicht nichts geschehen kann. Aber es ist wichtig, daß immer für Preußen ein Mann da in deutschem Sinn und mit Kraft und Klugheit rede. Kann das Goltz? Vermutlich wird Stein die Stelle erhalten. Es hat auch manches gegen sich; aber wo sind die Menschen? Man müßte sie besser zusammen- halten, anders ziehen, so würden sie nicht fehlen. So läuft alles blind durch- oder auseinander. Es ist spät geworden, süßes Herz, und ich muß mit Carolinen zum Kanzler zum Abendessen fahren. Lebe wohl, mein einzig Leben. Wage ja nichts, um herzukommen, Du weißt ja doch, wie innig ich fühle, daß Du es möchtest. Ewig Dein H. 60. Humboldt an Caroline Frankfurt, 1. Dezember 1815 Ich habe Dir gestern, süßer Engel, durch den heute früh abgegangenen Kurier geschrieben, muß Dir aber durch Jordan, der morgen mit dem Kanzler abreist, noch einige Worte sagen. Die Gelegenheiten, sich frei zu schreiben, sind leider jetzt nicht so häufig mehr. Ich war heut abend noch in großer Gesellschaft mit dem Kanzler bei Bethmann *). Da Caroline und die Cüstine auch da waren, amüsierte ich mich recht gut. Die Cüstine tut sehr artig mit mir und rechnet vermutlich sehr auf mich, die Frankfurter Langeweile, die sie wohl empfinden mag, zu unterbrechen. Aber so gern ich auch mit ihr umgehe, ist mir meine Stube immer noch mehr wert. Ich habe heute dem Kanzler noch zwei Skripta hinterlassen. ——— *) Simon Moritz Bethmann, geb. 1768 † 1826, der damalige kunstsinnige Chef des Bankhauses. 136