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[ Band 5 Brief 52: Humboldt an Caroline Paris, 4. November 1815 ]
schien auch gar keine bedenklichen Zufälle, nur Schmerzen zu haben, die freilich natürlich sind. Lebe innigst wohl, umarme die Kinder. Ewig Dein H. 53. Caroline an Humboldt Berlin, 9. November 1815 Liebstes, teuerstes Herz! Dein letzter Brief [vom 28. Oktober] hat mir durch seine tiefe Wahrheit einen unendlichen Eindruck gemacht. Ich kann und mag aber nicht von der Hoffnung scheiden, daß der offenbare Zustand des Streites, in dem man fühlt, daß die Menschheit begriffen ist, zu einem besseren Zustand führen wird, und glaube eher, daß dieser in dem gemessenen Fortschreiten der Zeit, die die schlechte Partei mit sich hinwegnimmt und also den Tätigkeitskreis der Besseren vermehrt, geschehen wird, als durch eine gewaltsame Revolution. Jener Weg scheint mir auch der sicherste. Die Russen sollen es an einer gewissen durchgehenden Konster- nation des Militärs und den unaufhaltbaren Tränen des ganzen weiblichen Teils des Hofes gemerkt haben, wie ungern man die Heirat der Prinzeß Charlotte mit dem Großfürsten Nicolas *) sieht. Es ist darüber nur eine Stimme im Publikum. Die Prinzessin, die wirklich ein liebenswürdig, gemütliches Mädchen ist, ist all- gemein beliebt. Die Heirat **) wird erst in einem Jahr sein, allein die Veränderung der Religion und das Hinbringen der Prinzeß nach Rußland zur Vermählung empört alle Menschen. Auch wird ——— *) Großfürst Nicolaus, geb. 1796, † 1855, Bruder Alexanders I., von 1825—1855 als Nicolaus I. Zar. **) Fand am 13. Juli 1817 statt. 118