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[ Band 5 Brief 44: Humboldt an Caroline Paris, 14. Oktober 1815 ]
44. Humboldt an Caroline Paris, 14. Oktober 1815 Ob ich vom Pariser Gesandtenposten loskomme, mag ich freilich noch nicht zu sagen wagen. Allein Frankfurt ist ein erster Schritt. Wie ich den Kanzler kenne, geht die Sache so: Benimmt sich Goltz *) zu seiner Zufriedenheit, d. h. vorzüg- lich begünstigen ihn die Umstände dazu hinlänglich, so wird der Kanzler mir ein Geschäft nach dem andern in Frankfurt zu meinem jetzigen auftragen, und mein Aufenthalt wird sich dadurch unfehl- bar verlängern. Ferner wird der Gang der Geschäfte im Bundes- tag einen großen Einfluß auf meine Sache haben. Geht dort etwas vor, was von Wichtigkeit ist, so kann ich sehr leicht hinzutreten müssen. Unter uns gesagt, ist Stein mit Küster **) dazu bestimmt. Das geht, man mag einen allein oder gar beide zusammen, die inkompa- tibelsten Naturen, nehmen, nicht einige Monate lang. Habe ich aber einmal mit Bundesgeschäften zu tun, so kann das sehr weit führen. Für uns, unsere Familienlage und selbst unser Vergnügen wäre vielleicht Frankfurt und der Bundesgesandtenposten keine üble Sache. Wien gefällt uns allen nicht. An Petersburg wird keiner von uns je denken. London ist zu teuer. Paris hat mit den Kunstwerken seinen höchsten Reiz verloren und hat sonst viel Unangenehmes. Frankfurt ist gewiß an sich nicht angenehm, aber wir bilden uns leicht einen eigenen Kreis. Und rund herum ist die Gegend hübsch, und Reisen für Dich überallhin im Sommer leicht. Du wirst sagen, daß das alles nur meine Manier ist, den Ort für den besten zu halten, an den ich gehen muß, und das mag auch sein. Allein wirklich ist doch vieles, was ich hier sage, unpar- ——— *) Karl Heinr. Friedr. Graf v. d. Goltz, geb. 1772, † 1822. Gesandter in Paris von 1814 bis 1822. **) Johann Emanuel v. Küster, geb. 1764, † 1833, später preußischer Gesandter in München. 100