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[   Band 5 Brief 36:    Humboldt an Caroline    Paris, 30. September 1815   ]


Dein Ameublement mein geliebtes Herz, muß freilich auch
kosten, allein wir mußten doch auch etwas in Tegel haben. Auch
habe ich wieder eine Dose bekommen, vom König der Niederlande,
nun möchte ich gern nur mit diesen Dosen alle Schulden tilgen.
Ich habe jetzt sechse stehen, lebe von der siebenten von Dänemark,
die in Geld gegeben wurde, noch, und erwarte, was mir Jordis *)
für die achte, die schwedische, bieten werden.
Caroline hat mich sehr gerührt. Das arme Kind scheint doch
noch viel zu leiden. Grüße sie tausendmal von mir.
Ich war heute in der Giustinianischen Galerie, die freilich für
Berlin und auch an sich schön ist, aber mir immer teuer scheint.
Ich habe da die spanischen Bilder gesehen, die ein gewisser Bonne-
maison, der Mitbesitzer der Galerie ist, für den König von Spanien
restauriert. Die Perle hat sehr wenig gelitten, die Visitation auch
nicht an den Figuren so viel, der Spasimo ist kaum zu erkennen.
Die Madonna del Pez ist in solchem Zustande, daß die ganze
Farbe abgehen will, und man also eine Gaze darüber gezogen hat.
Du glaubst nicht, wie rührend das Bild nun aussieht. Die Zeich-
nung sieht man ganz, und der himmlisch schöne Kopf der Madonna
hat gar nichts gelitten, aber die Farbe ist freilich sehr vergangen.
Ich habe nicht davon wegkommen können. Es ist für mich der
schönste aller Raphaels. Die Kasten mit diesen Bildern haben,
weil man nicht wußte, was darin war, monatelang in Tours allem
Wetter und Regen ausgesetzt gelegen.
Niebuhrs Heirat mit Lund **) finde ich ganz natürlich. Seine
selige Frau hatte auch gar nichts Weibliches. Welche sonderbare
Natur, dieser Niebuhr! In Schriften immer überkräftig und im
Leben so mutlos und unbeholfen.

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*) Bankier in Paris.
**) Johann Ludwig Lund, geb. 1777, † 1867, dänischer Maler.

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