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[   Band 5 Brief 34:    Humboldt an Caroline    Paris, 23. September 1815   ]


Ich schrieb Dir schon neulich, daß die Friedensunterhandlungen
mit Frankreich jetzt eröffnet sind. Frankreich hat auch nun geant-
wortet. Es verweigert (dies alles unter uns) bis jetzt jede Ab-
tretung eines Platzes des alten Frankreich, so wenig man ihm auch
in dieser Art zugemutet hatte, und sperrt sich gegen eine zu lange
dauernde Besetzung des Landes. Allein ich hoffe, die Alliierten
bleiben fest. Überdies haben, nachdem Fouché aus dem Ministe-
rium herausgetreten war, alle Minister, auch Talleyrand, ihre Ent-
lassung gegeben und erhalten. Vermutlich bloß, weil sie voraus-
sehen, daß die Kammern, die äußerst und vielleicht zu royalistisch
gesinnt sein werden, sie angreifen würden. Ihre Nachfolger kennt
man noch nicht, allein es ist wahrscheinlich, daß die Friedensunter-
handlung mit ihnen leichter gehen wird.
Wegen des Friedens muß ich Dir doch eine deutsche Schrift
von Butte, die ungefähr den Titel »Über die Friedensbedingungen
mit Frankreich« führt, anempfehlen. Sie ist dem Kanzler und mir wie
aus der Seele geschrieben. Er will eine bedeutende, vielleicht sogar zu
weitgehende Territorialabreißung und keine weitere Besetzung, auch
hat er über die Kontribution gemäßigte und ausführbare Grundsätze.
Der Kronprinz von Bayern *) war bei mir, und dann mußte
ich ausfahren, so bin ich unterbrochen worden, liebe Seele. Dem
Kronprinzen von Bayern bin ich ein einziger Trost. Er kommt
meist alle Woche zu mir, und ich bin ihm wahrhaft gut. Er hat
die besten Gesinnungen der Welt, sieht ein, daß es Preußen auch
gut meint, und scheint mir sehr gut.
Die Abreise der Souveräne ist wieder aufgeschoben. Der
Kaiser Alexander wollte morgen gehen und geht nun erst Dienstag,
die anderen bleiben wohl länger. Hedemanns Angst kannst Du Dir
dabei denken, doch hält sein Prinz noch fest und will noch über-
morgen fort.

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*) Ludwig I., 1825—1848 König von Bayern, geb. 1786, † 1868.

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