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[ Band 5 Brief 24: Humboldt an Caroline Paris, 1. September 1815 ]
24. Humboldt an Caroline Paris, 1. September 1815 Wie es mit den Unterhandlungen hier gehen wird, läßt sich zwar mit vollkommener Bestimmtheit jetzt noch nicht vor- aussagen. Allein allem Anschein nach ist das Resultat weit unter den billigsten Erwartungen. Ich weiß, daß Du damit niemanden im voraus unruhig und unzufrieden machen wirst. Die einzige und wahre Ursache davon ist Rußland, die mitwirkende England, die nicht hindernde Österreich. Preußen ist unschuldig daran, es hat getan, was unter den Umständen möglich war. Mehr zu tun, weiter zu gehen, würde Dinge voraussehen, die, wie Menschen und Sachen sind, zu den Unmöglichkeiten gehören. Übrigens ist indes freilich noch nichts in letzter Instanz entschieden. Auch die vier Kabinettsminister, die über diese Angelegenheit allein ihre Konferenzen halten, sind noch nicht zu einem Schluß gekommen. Die Sachen stellen sich nur so, daß ich dies Ende voraussehe. In welcher Zeit nun das Endarrangement zustande kommen wird, ist schwer und kaum möglich vorauszusagen. Wie die Mächte unter sich einig sind, muß mit Frankreich unterhandelt werden. Bei dem allen gehen die Souveräne am 9. zu einer russischen Revue in die Champagne und etwa am 25. zu einer österreichischen nach Lyon, indem sie zwischen beiden Revuen zurück- kommen. Ob bis dahin nun alles beendigt sein wird, wie läßt sich das bestimmen? Ich glaube immer, daß es noch gar die schöne Wen- dung nehmen wird, daß man während der Anwesenheit der Sou- veräne bloß Präliminarien unterzeichnet, und das übrige den weiteren Verhandlungen überläßt. Es heißt, daß der Kaiser Alexander mit dem Kaiser Franz *) nach Mailand gehen wird. In diesem Fall würde ich unserm König auch sehr dazu raten. ——— *) Franz II., Kaiser von Österreich, geb. 1768, † 1835. 49