< zurück Inhalt vor >
[ Band 4 Brief 279: Humboldt an Caroline Wien, 21. Mai 1815 ]
gekommen, daß von allen Seiten man sich an mich wendet, um die Dinge in schnelleren Gang zu bringen, und wirklich üben da- durch ich und Preußen viel mehr Einfluß aus, als sonst der Fall sein würde. Der ganz ungenügende Ausgang mit der deutschen Verfassung macht mir viel Kummer, und ich hätte lieber gewollt, Preußen hätte allein eine kräftige und gute mit wenigen gutgesinnten Fürsten ge- schlossen, als daß dies hervorgekommen wäre. Allein wir hätten bei diesem Plan nicht einmal auf Hannover zählen können, und Öster- reich würde noch allen seinen Einfluß angewandt haben, um auch selbst kleinere abtrünnig zu machen. Sobald aber, wie nun der Fall ist, der Bund mit Bayern, Württemberg, Baden, Österreich, die alle keinen Begriff von einer Verfassung und keinen Funken Gefühl für Deutschheit haben, geschlossen werden sollte, konnte keine einzige wirklich gerechte, einer Verfassung würdige und liberale Idee darin aufgenommen werden. Dem Scheine nach klingt es nun zwar jetzt noch so leidlich, und Metternich sagt immer, daß hierbei alle Hoff- nungen offenbleiben. Ich habe ihm aber auch schon in voller Kon- ferenz geantwortet, daß niemand hoffen wird, daß sich das Volk nicht täuschen läßt, und daß diese Verfassung allgemeine Nieder- geschlagenheit und nichts weiter verbreiten wird. Wirklich ist auch der beste Erfolg, den die Bundesversammlung in Frankfurt und ihr Arbeiten haben kann, der, daß wenn nun, da die ernsten Fragen wirklich zur Sprache kommen, die Sache sich wieder zerschlagen und dann vielleicht ein vernünftigerer, wenngleich kleinerer Bund zustande kommen wird. Welche Qual man mit den Leuten hat, die so einzelne Vorteile wollen, davon hast du gar keinen Begriff. Der Erbprinz von Strelitz ist fast fortwährend, wenigstens abwechselnd, böse auf mich, die Koburger sind wie die Kletten, die Taxis brummt bald, bald findet sie wieder, daß ich doch immer noch besser mit ihr umgehe als die 558