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[ Band 4 Brief 276: Humboldt an Caroline Wien, 12. Mai 1815 ]
Neuerlich war ich dagegen und hatte lebhaften Streit mit Boyen und Grolman darüber. Es schien mir, daß man recht gut hätte die Teilung bis nach dem Kriege aussetzen können, die Armee zusammen, z. B. unter Wellington, dienen lassen, und die Rekrutierung bloß aus den sächsischen Landesanteilen machen, dagegen die freiwillig zu uns Übergehenden zu Stämmen neuer Regimenter brauchen, die man aus unserm Landesanteil komplettiert hätte. Die Militärs behandel- ten dagegen diese Sache beinah als einen Ehrenpunkt, und als Grol- man abreiste, hörte ich, daß er die unbedingte Ordre zur Teilung mitnahm. Nach seiner Ankunft ist sie publiziert worden, und was ich Dir da sage, geschehen. Ich bleibe dabei, daß es mir besser geschienen haben würde, abzuwarten, bis der König die Sachsen des Eides entbunden hätte. Da wir vermutlich die Woche abschließen, so war der Aufschub nicht lang. Darüber, daß es mit diesem Abschluß zögerte, hat man freilich auch viel mit Tadel gesprochen. Allein, da wir offenbar im Vorteil waren, wenn wir den Besitz hatten, insofern wir ihn näm- lich zu behaupten und mit Kraft zu verwalten verstanden, da man ferner nicht ganz ohne Grund das Zurückkommen des Königs nach Dresden für bedenklich hielt, so schien mir sein eigenes Zögern kein so ungünstiger Umstand, und wenn alle Maßregeln wären mit gehöriger Konsequenz zu gleicher Seit genommen worden, so war nur Vorteil dabei für uns denkbar. Hier scheint es sich auf einmal schnell auflösen zu wollen, und vielleicht bin ich früher bei Dir als Du denkst. Boisdeslandes *) hat auch gefunden, daß die Heirat Adelheid gleich ganz geändert hat. Sie wäre auf einmal ganz anders ge- setzt und gravitätisch geworden, erzähle ihr das nur von mir, liebes Kind, und küsse sie tausendmal. Wie ist es denn aber? Lernt sie noch etwas, oder ist sie nun auf einmal auch allem Unterricht ab- ——— *) Sekretär Humboldts. 549