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[   Band 4 Brief 274:    Humboldt an Caroline    Wien, 5. Mai 1815   ]


Ich habe übrigens diesen Kampf sehr unkriegerisch bestanden,
denn die paar Sekunden ausgenommen, wo ich die Pistole hatte,
habe ich alles mit meiner Baguette *) abgemacht.
Daran, daß die Sache auch sehr ernsthaft werden könnte, habe
ich freilich wohl gedacht und vor allem Deiner und der Kinder,
wenn Du es auch dem kleinen Zettel nicht ansiehst. Aber es kam
mir, wenn es auch sonst nicht in meiner Natur gelegen hätte, ge-
rade Deiner besonders unwürdig vor, Ausflüchte zu suchen, da
Boyen einmal die Sache ernsthaft nahm, und Du glaubst gar
nicht, wie tief er sich beleidigt glaubte. Mir ist es in hohem Grade
merkwürdig gewesen, und ich habe daran Erfahrungen gemacht,
die ich nicht weggeben möchte. Auch bin ich überzeugt, daß ich
jetzt auf immer mit Boyen im Reinen bin, was, wenn ich auch
auf die beste und anständigste Weise das Duell vermieden hätte, nie
der Fall gewesen sein würde.
Ich habe vergessen, Dir von Napoleons Brief zu sagen. Er
ist durchgekommen, weil er ihn einem Belgier anvertraut hat, der
zugleich österreichischer Kammerherr ist. Er war sehr listig geschrieben,
denn er roulierte ganz darauf, daß der Kaiser Franz die Marie
Louise als Frau nicht ihrem Mann und den Kleinen nicht dem
Vater vorenthalten werde. Es war auch sehr gut, daß ich nicht
mit Boyen weggegangen war. Denn Metternich (!!) wollte wirklich
Caulaincourt antworten bloß auf die zärtlichen Familienverhältnisse.
Aber ich widersprach im Augenblick, und so alle, vorzüglich Stewart
und Razoumoffski. Lebe innigst wohl, geliebtes, einziges Herz.
War heute nicht des armen seligen Wilhelms Geburtstag,
gute Li? Der gute, liebe Junge! Ewig Dein H.

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*) Eigentlich Wünschelrute, hier kleiner Stock.

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