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[ Band 4 Brief 269: Humboldt an Caroline Wien, 18. April 1815 ]
Heirat hätte ohne Ehetraktat machen sollen. Hedemann hat, soviel ich weiß, sehr wenig oder nichts. Ich sehe wie Du diese Heirat als eine der wunderbarsten Fügungen des Schicksals an. Sie ist’s in jeder Rücksicht. August wäre unstreitig nie zu uns nach Wien gekommen, wenn er nicht schon früher so eng und vertraulich mit mir verbunden gewesen wäre, und daß ich mich ihm in Königsberg so genähert hatte, auch darin war etwas Wunderbares. Wie gut und trefflich er ist, konnte es doch so leicht auch anders gerade von meiner Seite zu ihm sein. Ich erinnere mich auch sehr gut, daß die Leute, die keinen Sinn dafür haben, wie der bloße innere Charakter, das eigentliche Gemüt wirkt, oder, die mir nicht den notwendigen [Charakter] dazu zutrauen, sich über unsern häusigen Umgang wun- derten und mich ordentlich darum fragten. Hernach war es noch viel wunderbarer, daß die Kleine als Kind einen solchen Eindruck auf ihn machte, und daß er diesen Eindruck so lang und so treu be- wahrte. So erscheint einem die endliche Entscheidung wie einer der Segen des Schicksals, die wir manchmal im Leben erfahren haben, und die ich immer Dir und Deiner unendlichen Güte zuschreibe. Das Gefühl, daß sich das geliebte Kind nun so von Vater und Mutter losreißt und einem eigenen Weg folgt, begreife ich vollkommen. Es gibt keine Verbindung, die keine Scheidung wäre zu- gleich, aber darum ist es auch umgekehrt so, und wie man sich vom Irdischen losreißt, umfaßt man das Ewige. Da der Mensch immer zwischen beiden schwankt, verbringt er auch das Leben zwischen Freude und Schmerz, und das Gefühl, das beide verknüpft und in dem beide ineinander übergehen, ist die Wehmut, in ihrer letzten Auflösung nur die tiefe und mit unendlicher Sehnsucht und unend- lichem Vermissen verbundene Ahndung dieses Zwitterzustandes der Menschheit. Sie gehört daher auch nur den seelenvollsten Menschen an, die minder in der Wirklichkeit als in jener ewig unergründeten 533