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[   Band 4 Brief 252:    Caroline an Humboldt     Berlin, 21. März 1815   ]


Die von Ludwig XVIII. gegen ihn erlassenen Befehle haben
aber eine sonderbare und beinah feindlich klingende Einleitung gegen
die anderen Mächte, denn es scheint beinah, als wolle er den
Franzosen glauben machen, die Feinde Frankreichs hätten den
Bullenbeißer Napoleon gegen sie losgelassen, um das schöne
Frankreich zu zerstückeln.
Gentz ist mir mit seinen Ansichten ein Greuel, er hat sich
wirklich überlebt.
Verzeih meine Eile. Ewig Dein.


253. Humboldt an Caroline                          Wien, 17. März 1815

Die Sachen stehen sehr ernsthaft. Napoleon ist am 8.
wirklich in Grenoble eingerückt, und nie hat man solche
Illumination und Freude gesehen. Ehe er nach Grenoble
kam, ging ein von Chambéry kommendes Regiment zu ihm über.
Wie er den ersten französischen Truppen mit seinen 1000 Mann
begegnete, ging er der Linie, die Hände auf dem Rücken, entgegen
und sagte ihnen: »Voici votre Général.« So umarmte ihn der Oberst *),
und das Regiment ging über. Der Oberst ist Cousin von Flahault
und Adjutant Eugens gewesen. In Grenoble versagte die Truppe
den Gehorsam, die Generals Marchand und Desirailles blieben
treu, mußten sich aber mit 160 Mann und wenig Kanonen heimlich
retten. Alles übrige fiel Napoleon zu. Er marschierte nun mit
6000 Mann auf Lyon.
Du müßtest Talleyrand sehen. Ich schreibe Dir in der
Konferenz, die wir eben haben. Wellington sagte, man muß auch
wissen, was wir tun, wenn Napoleon in Paris ist und sich ganz

———
*) Huchet de Labédoyère, geb. 1786, † 1815.

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