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[ Band 4 Brief 248: Humboldt an Caroline Wien, 7. März 1815 ]
Art der Schonung mehr gegen ihn zu beobachten und kann ihn wie einen Räuber totschießen. Das hätte man freilich auch früher das Recht gehabt zu tun, daher möchte ich noch jetzt nicht dafür ein- stehn, selbst wenn man ihn zum Gefangenen machte. Hier wird zwar mit großer, aber nur angenommener Gleich- gültigkeit über ihn gesprochen. Allein im Grunde sind sie sehr angst. Sie sehen einen Krieg in Italien voraus und sind nicht die Mutigsten. Schwarzenberg wird sogleich hingeschickt, Truppen waren schon dahin beordert, soviel, daß 140 000 Mann in allem in Italien sein sollten. Aber sie sind erst vor wenigen Tagen aufgebrochen. Das Ende des Kongresses wird dies Ereignis unfehlbar be- schleunigen, Talleyrand zog schon heute diese Moral der Be- schleunigung daraus, weil nunmehr jeder bei sich zu tun habe. Allein auf der anderen Seite glaube ich auch, daß diese Sache den Kaiser von Rußland und mithin alle Souveräne länger hier halten kann, um zu sehen, welche Wendung alles nimmt. Du glaubst nicht, wie die ersten in Besorgnis sind und Vor- kehrungen treffen wollen. Nur der Kanzler ist davon ausgenommen. Er ist ruhig und würde, wenn Gefähr entstünde, doch am kräftigsten handeln. Überhaupt kann man sich eigentlich nur auf Preußen verlassen. Auch ist es merkwürdig, daß alle Preußen hier fast froh über die Nachricht sind. Sie scheinen dies Ereignis ordentlich als ein Mittel anzusehen, an dem man prüfen kann, wo noch in Völkern und Menschen ein Falsch ist, und daß dies ausgerottet werden muß, ist eine sehr richtige Ansicht. Der Prinz [Wilhelm] ist allerdings unbegreiflich. Liebe, gute Li, glaube mir sicherlich, es gibt wenig Männer, die ihre Frauen recht eigentlich lieb haben, wenn sie auch so tun. Die Liebe fordert ein sehr einfaches Gemüt, aber ein solches, das ein großes und reges inneres Leben kennt. Darum ist mir oft für die Töchter sehr bange, wenn man sie recht liebt, weiß man oft nicht, ob man ihnen ein 491