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[ Band 4 Brief 246: Humboldt an Caroline Wien, 23. Februar 1815 ]
bittere Tirade über die Undeutschheit Österreichs hat, allein ver- langt, daß man eben deswegen ihm die Kaiserwürde geben soll, um es enger an Deutschland zu knüpfen. Ich habe einen Aufsatz gestern dagegen gemacht. Überhaupt, liebes Kind, streite ich schriftlich und mündlich den ganzen Tag, da ich suche, auf dem Rechten zu bestehen, und daher es keinem leicht recht mache. Allein ich befinde mich sehr wohl dabei und habe wenigstens das davon, daß mir niemand vorbeigeht, sondern sie mich immer selbst zu den Konferenzen verlangen. Ich habe seit einigen Wochen sehr viel Schererei und Arbeit mit einer mir an sich ganz fremden aber nicht unwichtigen Sache. Nach dem Pariser Frieden soll nämlich für die Freiheit der Schiffahrt des Rheins und aller mehrere Staaten zugleich durch- fließenden Ströme gesorgt werden. Auf dem Rhein bestand seit 1804 eine sogenannte Oktroi, die anfangs Frankreich und der Primas zusammen hatten, nachher Frankreich allein. Dies muß nun umgeschaffen und in eine neue Form gegossen werden. Preußen hat ein Drittel des ganzen Rheins, also ist es un- gemein wichtig, und in der Kommission, die deshalb nieder- gesetzt ist, mache ich also alle Arbeit. Dabei ist es nach dem hier eingeführten Geschäftsgang noch so schwer, gehörige Instruktionen zu bekommen, und ich muß mich also selbst in alles hineinsetzen. Daß man Bayern so groß gelassen hat, ja vielleicht noch größer macht, ist ein ewiger Fehler, aber rein Österreichs Schuld. Metternich hatte ja eine solche Angst vor Napoleon, daß er Wrede wie einen Heiland ansah. Nachher hat Metternich teils falsche Politik befolgt, teils sich übertölpeln lassen, kurz, durchaus unklug gehandelt, und das ist einmal in Koalitionen nicht zu ändern, daß die Fehler einer Macht nicht immer von den anderen verhindert, ja nur verbessert werden können. Uns indes wird Bayern nie 486