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[   Band 4 Brief 237:    Caroline an Humboldt     Berlin, 9. Februar 1815   ]


haben, denn da gibt es Stellungen!! Frauengestalten von unerhörter
Schönheit und Kühnheit.
Vorgestern hatte ich die Familie Laroche, Savigny *), Arnims
(Bettina), den jungen Voß und Burgsdorff und Rauch zum Tee.
Burgsdorffs Frau ist noch nicht hier. Er, Arnim, Bettinens Ehe-
gemahl, ist ein gar hübscher und liebenswürdiger Mann. Bettina
spricht, wenn sie will, sehr klug, sie soll viel von ihrer Tollheit ab-
gelegt haben, um mich gibt sie sich, non so il perchè, einige Mühe.
Daß die Dinge sich wegen Sachsen arrangieren, geht seit
Montag abend — heute ist Donnerstag — im Publikum allgemein
herum und besonders durch Frau v. Staegemann **). Ob’s deren
Mann ***) recht sein mag, daß die Frau so Bescheid um Sachsen
weiß, weiß ich nicht, allein sie verteilt es folgendermaßen: Der
König behält Dresden, einen Teil des Churkreises, Meißen, 800000
Untertanen, natürlich das Erzgebirge, die Grenze gegen Böhmen;
wir bekommen die Lausitz, Torgau, Wittenberg und den sächsischen
Anteil von Thüringen.
Körners, mein liebes Kind, tun mir unbeschreiblich weh, und
überhaupt die Masse der Menschen, die der König behält, einmal
weil das sächsische Kreditwesen unter diesen Umständen wohl zu-
sammenbricht, dann — aber das ist ein Abgrund von Übeln. Ich
glaube wohl, daß es sich nicht unsrerseits in Wien ändern ließ,
desto mehr bemitleide ich die, die diesen König, diese Fürsten-
familie wieder in ihrer Mitte aufnehmen müssen. Körners gehen
mir ungemein nahe. Ich bin überzeugt, sie denken auch ernstlich

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*) Friedrich Karl v. Savigny, geb. 1779, † 1861, erster Professor
des römischen Rechts an der Universität Berlin, vermählt mit der Schwester
der Bettina.
**) Johanna Elisabeth v. Staegemann, geborene Fischer, geb. 1761, † 1835.
Vgl. über sie Hedwig v. Olfers, geb. v. Staegemann. Bd. 1. 1908.
***) Friedrich August v. Staegemann, geb. 1763, † 1840, 1806 Geheimer
Oberfinanzrat, später Geheimer Staatsrat.

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