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[   Band 4 Brief 209:    Humboldt an Caroline    Wien, 7. November 1814   ]


Daß Dir Burgörner so gefallen hat, freut mich über alle Maßen,
und unendlich danke ich Dir für die Liebe, mit der Du über unsere Ver-
gangenheit sprichst. Wären wir nur erst wieder beisammen, mein
innigliebes Herz. Daß Du aber nicht in dem einsamen, kalten
Ort geblieben bist, ist mir doch sehr lieb. Du wärest sehr hilflos
dort gewesen.
Mit der Pappelallee hast Du ganz recht getan. Aber ich
leugne es Dir nicht, die Idee, daß die alten, lieben Bäume, an
denen es mir vorkam, daß meine ganze Jugend und mein bestes
Leben hing, nicht mehr sind, hat mich bis zu Tränen gerührt. Allein
ich wiederhole es, Du hast ganz recht gehabt. Das Alte muß
dem Jungen weichen im Leben, und wir werden auch nachgehen.
Ich muß hier schließen. Lebe wohl, süße, teure, ewiggeliebte Li.
Umarme alle Kinder.
Ewig Dein H.


210. Humboldt an Caroline                Wien, 9. November 1814

Es war gestern abend ein großer Maskenball bei Metternich,
der sehr schön gewesen sein soll. Ich bin nicht hinge-
gangen, sondern habe zu Hause gearbeitet. Diese Gesell-
schaften sind mir in den Tod verhaßt, und man hat jetzt wichtigere
Dinge zu tun. Es geht aber nicht gut mit den Geschäften, und
mit aller Mühe, die ich mir gebe, bringe ich doch nichts recht
vorwärts. Ob ich gleich Dir jetzt sicher und gefahrlos schreiben
kann, so ist es doch überhaupt nicht möglich, die wahren Ursachen
zu schreiben. Sie liegen an tausend Umständen, zu deren Ent-
wickelung man Bogen brauchte. Allein im ganzen liegt es daran,
daß die Menschen, die hier die hauptsächlich handelnden Personen
sind, sich, jeder aus besonderen Gründen, nicht zu dem Geschäft

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