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[ Band 4 Brief 189: Humboldt an Caroline Wien, 10. August 1814 ]
weise bei ihr zubringen werde. Da es mich vieler kleinlichen häus- lichen Sorgen überhebt, und es die bequemste Gelegenheit ist, mit dem wenigsten Zeitaufwand die nötige Gesellschaft zu sehen, so begreifst Du, warum ich es tue. Übrigens ist ihre Beständigkeit gegen mich auch ein Zug, der seine Wirkung nicht verfehlen kann. Sie hat mir angeboten, in Baden bei ihr zu wohnen, und da jetzt Baden so voll ist, daß man kein Loch für vieles Geld findet, ist das kein geringer Vorzug. Den andern Morgen ging ich zur Herzogin *), die ich den Abend vorher nicht gefunden hatte. Sie hat mich sehr nach Dir gefragt, mich auch sehr freundlich aufgenommen und mir zwei Stuben zum Wohnen angeboten. So, siehst Du, steh ich in zwiefacher Gunst. Die Herzogin wird erst in diesen Tagen abends Leute sehen. Jetzt bringt sie noch ihre Abende meist bei Mistres Cadogan zu, zu der sie mich führen will, weil sie nach Deiner Autorität die schönste Nase haben soll, die je erschienen ist. Überhaupt, Liebe, glaubst Du nicht, wie oft Du hier zitiert wirst, und ich habe schon hier die witzigsten und geistreichsten dicta von Dir gehört. Über Dein Weggehen aber gibt es hier zwei verschiedene Meinungen. Einige, wie die Fürstin, behaupten, Deine Freude sei ungemein und kränkend für Wien gewesen, andere, wie die Schlegel, Du seist im Gegenteil trüb und wehmütig gewesen. Ich würde das wohl begreifen. Bei Gentz frühstückte ich. Von solchem Essen hast Du keinen Begriff. Ehe er mir noch anbot, aß er schon von allem. Indes ich bescheiden zwei kleine Tassen Kaffee trank, ohne zu essen, trank er vier und verzehrte zwei Dritteile eines tellergroßen Solila, wenn Du weißt, daß dies ein in Fett schwimmender Butterteig ist, in eine Art Pastete gebannt, die, wenn man sie aufmacht, raucht, viele Kipfeln mit fingerdicker Butter ungerechnet. Die Nüchternheit und ——— *) Herzogin von Sagan. Vgl. S. 23. 373