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[   Band 4 Brief 153:    Humboldt an Caroline    Dijon, 7. April 1814   ]


berg, dem Hannöverschen, zusammen. Der Kaiser scheint noch
einige Tage hierzubleiben.
Lebe wohl, meine einzig geliebte Seele.



154. Caroline an Humboldt                   Wien, 10. April 1814

Ich habe so viele Briefe von Dir zu beantworten, mein
liebes Herz, und wollte es heut. Die Nachricht der Ein-
nahme von Paris, mit der Pauline mir vor das Bett
gerückt ist, und das Vorlesen der erlassenen Proklamation macht
mich aber so bewegt, daß ich es nicht kann, da ich noch etwas
schwach bin. Mein Übel aber ist vorbei. . . .

                                                  11. April 1814
Mein Herz!
Gestern war ich so zerstreut durch die große Nachricht, die
ankam, daß ich nicht zum ordentlichen Schreiben kam.
Ich bin sehr leidend gewesen, mein gutes Herz. ... 
Ach, wer weiß, Du bekommst wohl diese Zeilen in Paris.
Von der Sensation, die das gestrige große Blatt gemacht hat,
kannst Du Dir gar keinen Begriff machen. Ich will lieber nichts
davon sagen, man beschreibt so etwas nicht.
Ich habe sehr über Deine Antwort auf meinen Antrag, eine
gewisse Sache *) lateinisch abzufassen, lachen müssen. Es ist sehr
witzig, daß Du sagst, die meisten Menschen nähmen den Ausdruck
»tote Sprachen« im Ernst und lassen die Toten ruhen. Wir leben
mit ihnen und in jedem Sinn, in der Beschäftigung des Geistes
und in der Sehnsucht, die das heimliche, tiefe Leben der Seele ist.

———
*) Vgl. S. 272.

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