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[   Band 4 Brief 153:    Humboldt an Caroline    Dijon, 7. April 1814   ]


Dir nichts, Du wirst auch sehen, daß wieder allerlei Namen
auftauchen, so le Duc Dalberg im Gouvernement provisoire von
Frankreich.
Marmont ist mit 8000 Mann Truppen und 45 Kanonen von
Napoleon abgefallen und zu uns übergegangen. Von Ney und
Mortier behauptet man das gleiche. Napoleon steht noch in
Fontainebleau, unsere Armeen zwischen dort und Paris, der Kaiser
Alexander, der König und die russischen Garden sind in Paris,
und die Nachricht, nach der sie es gleich wieder verlassen haben
sollten, scheint falsch gewesen zu sein.
Ich lege die Verse bei, die man im Theater gesungen hat:
»S’intéresser à la personne« ist eine vorzüglich dichterische Phrase
und sehr angemessen für einen König, dessen Familie so vertrieben
worden ist, und der nach solchen Ereignissen zurückkommt. In der
schlechtesten deutschen Stadt hätte doch selbst der Kantor noch
einen kräftigeren Reim zusammengesetzt. Es fällt einem bei diesen
Dingen tausendmal der Maler aus Goethe ein. Indes eine
Klasse der Nation ist noch immer gleich angenehm und liebens-
würdig als sonst, die geringere. Überhanpt finde ich mich doch
ganz mit den Haupteindrücken, die Land und Menschen sonst
auf mich machten, wieder, man wird von nichts stark ergriffen,
aber eine gewisse gefällige Mäßigkeit, wenn man das Wort
recht versteht, ein Schweben zwischen dem Hohen und Tiefen,
dem Kräftigen und Rohen bietet sich immer in allem, Leblosem
und Lebendigem dar.
Ich hatte bis hierher geschrieben, als die Leute, die bei mir essen
sollten, zu mir kamen, und ich kann Dir nun zugleich von meiner
Abreise reden. Ich gehe morgen früh und gerade nach Paris.
Der Kanzler, Metternich und Castlereagh reisen diese Nacht mit
Post. Da es aber nicht möglich ist, so viel Postpferde zu haben,
so gehe ich mit meinen Pferden und reise mit Münster und Harden-

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