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[   Band 4 Brief 144:    Caroline an Humboldt     Wien, 27. März 1814   ]


144. Caroline an Humboldt                         Wien, 27. März 1814

Teures und geliebtes Herz!
Alle Leute sagen mir, der Kongreß sei aufgehoben, und ich
müsse Dich aufs neue in dem Hauptquartier des Kaisers
Franz denken. Ich erwarte heute oder morgen einen
Brief von Dir darüber.
Ich kann nicht anders, als mir denken, daß die aufgehobenen
Negoziationen den Kriegsoperationen noch mehr Nerv diesem
Augenblick geben werden. Denn zu einem großen Resultate drängt
alles, und das Weigern des einen liegt wohl in der Verbindung,
die große, welterschütternde Schicksale haben. Unter allen Talenten
ist das wohl auch nicht zu verachten, dem leisen Tritt nachzuhorchen,
den es unwandelbar geht.
Man sagt mir auch, daß infolge der genommenen Position
Napoleons unsere Armeen alle eine rückgängige Bewegung machten,
weil Napoleon sie trenne étant à cheval sur la Marne. . . .
Die arme Schlegel sehe ich in keiner geringen Angst um ihren
Philipp *). Aus den öffentlichen Blättern ersehe ich, wie sehr
Prinz Wilhelm **), der unsere, sich ausgezeichnet hat. Da wird mein
lieber Hedemann nicht übel mit zugeschlagen haben.
Adieu, meine teure Seele. Ewig Dein.

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*) Philipp Veit, Maler, geb. 1793, † 1877, Dorotha v. Schlegels
Sohn erster Ehe.
**) Bruder Friedrich Wilhelms III.

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