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[ Band 4 Brief 143: Humboldt an Caroline Chatillon, 19. März 1814 ]
aber das ist wohl ein reiner Irrtum *). Schreib mir doch ja genau alle Tage. Ich werde allen schreiben. Verrate mich und meine Unwissenheit auch nicht bei den lieben Kindern, sie möchten böse werden, vorzüglich würde die Li so etwas gar nicht dulden, es ist gegen alle häusliche Ordnung. Das schöne Wetter mehrt unendlich meine Sehnsucht, nicht nur wieder mit Dir zu sein, denn die ist immer eigentlich gleich groß, aber auch schon Dich nur aus Wien und in schöneren und Dir gefälligeren Umgebungen zu wissen. Wien muß äußerst einförmig und traurig für Dich sein, das begreife ich in jeder Rücksicht. Lebe wohl, inniggeliebtes Herz. Ich schließe wieder mit einem Sonett: Sehnsucht nach den Gestirnen. Die Sterne, die am Himmelsbogen blinken, Senden dem Menschen süß verwandten Schein. Ist es vergangenes, nur vergeßnes Sein, Ist es zukünft’ges, das sie niederwinken? Doch ewig einsam sie den Äther trinken, Erreicht von unsrer Sehnsucht Hauch allein, Die, unbefriedigt, folgt den goldnen Reih’n, Wenn auf sie steigen oder niedersinken. Nur ein Weg führt an jene lichten Orte. Wem Himmelssehnsucht heiß die Brust verzehrt, Muß suchen erst des Todes schwarze Pforte. So steht in schöner Mitte Menschenleben, Da, wenn es auf zum Sternenzelt begehrt, Süß stillt der Erde kühler Schoß sein Streben. ——— *) Die Geburtstage waren: Gabriele 28. Mai, Adelheid 17. Mai, Caroline 16. Mai, Hermann 23. April. 279