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[   Band 4 Brief 138:    Caroline an Humboldt     Wien, 10. März 1814   ]


sammelt uns ein gütiges Geschick auch noch da zu den Unseren und
zur lieben Erde.
Adieu, mein teures Herz. Die Kinder umarmen Dich mit
mir. Deine Li.


139. Humboldt an Caroline                 Chatillon, 12. März 1814

Es ist mir unendlich lieb zu denken, daß Du jetzt nicht mehr
über zwei Monate in Wien sein wirst. Denn wenn ich
mich recht erinnere, so geht die Mietszeit mit dem 8. Mai
zu Ende. Richte nur, süßes Kind, Deine Sachen alle hübsch für
Dich ein, und immer ohne Antwort von mir abzuwarten. Es
könnte Dich sonst unnützerweise aufhalten. . . .
Es freut mich unendlich, die Ramdohr außer Gefahr denken
zu können. Wenn man so bloß im allgemeinen an ein kleines Kind
denkt, so hat es immer etwas fast Empörendes, daß die Mutter
dadurch in Lebensgefahr kommt. Allein wenn man freilich an-
nimmt, ob man wollen könnte, daß ein Wesen wie Adelheid nicht
da wäre, so wird die Frage ganz anders. Das Unbestimmbare,
was der Mensch, der zum erstenmal atmet, werden kann, ist un-
endlich schön und wahrhaft göttlich in der Welt. Eine Größe,
wie nie die Erde sie gesehen hat, kann doch eigentlich in jedem
Kinde verborgen liegen. Der erwachsene Mensch ist im Grunde
fertig und ist mehr oder weniger wie der Schauspieler, der dieselbe
Rolle hersagt. In Frauen ist das etwas Anderes und viel,
es ist in ihnen ein regeres inneres Leben bis zum höchsten Alter,
und es entspinnt sich sehr oft erst da etwas ganz Neues in ihnen.
Aber die Männer, die überhaupt — und gewiß nicht bloß in
Chatillon —— ein unendlich langweiliges Geschlecht sind, bringen

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