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[   Band 4 Brief 137:    Humboldt an Caroline    Chatillon, 8. März 1814   ]


Ich habe mit diesem Kurier drei Deiner Briefe bekommen . . .
Du bist sehr gut, süßes Herz, es so lieb und gerührt aufzu-
nehmen, daß ich Dir gerade zu Deinem Geburtstag geschrieben.
Ich hatte mir eine eigene Freude seit dem Anfang des Monats
daraus gemacht. Wenn man zusammenlebt, ist es ganz etwas
anderes, da erheitert und erleichtert man sich immerfort das Leben
und gibt ihm mehr und schönere Bedeutung einer durch den anderen.
Für die Beschreibung der Abendfeier Deines Geburtstages,
liebe Li, danke ich Dir unendlich. Es ist sehr hübsch, daß die
Kinder sich immer mehr im Deklamieren üben. Nichts bildet so
zugleich die Empfindung und ihren Ausdruck aus. Paulines
Rührung dabei macht sie mir viel werter. Es ist nicht zu leugnen,
daß in vielen Menschen viele Dinge liegen, die nur darum nicht
zum Vorschein kommen, weil ihnen ein gewisser Umgang fehlt. Auch
insofern müssen Pauline und Jeanne Dir sehr dankbar sein.
Über die Sonette schrieb ich Dir schon neulich. Ich bleibe
dabei, keins hält mit Deinem den Vergleich aus, das außer dem
Gedankengehalt und der Sprache einen ungemeinen Reiz durch die
Klarheit und Natürlichkeit des Ausdrucks hat. Ich habe alle, weil
ich glaubte, Koreff würde nichts dagegen haben, an Goethe geschickt,
dem ich gerade gestern schrieb. Dafür schicke ich Dir heute von
Goethe zwei Briefe, die immer merkwürdig sind, und einen Epilog *),
der mir im ganzen nicht viel scheint, aber einzelne sehr schöne
Stellen enthält. So finde ich z. B. die: »Des goldnen Reifes un-
geheure Last« usf. und »Der Mensch erfährt, er sei auch wer er
mag« usf. Selbst das gewiß Hölzerne in dem Schluß dieses letzten
Verses ist mir nicht zuwider.
Die Insel **) hat mich aufs neue sehr amüsiert und noch mehr

———
*) Goethes Epilog zum Trauerspiel »Essex«, gedichtet während der
Schlacht bei Leipzig.
**) Vgl. S. 259.

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