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[   Band 4 Brief 113:    Humboldt an Caroline    Freiburg, 12. Januar 1814   ]


Der Schritt hat zwei Übelstände: 1. war die Unterredung
mit St. Aignan zu unbestimmt, und man hat also keine reine
Annahme deutlich ausgedrückter Basen von Frankreich, wie sie
jeder Friedensunterhandlung hätte vorausgehen sollen; 2. hat
man in der Unterredung den Rhein als Grenze genannt, in der
Deklaration gesagt, Frankreich solle viel größer als unter den
Königen sein. Beides ist jetzt ein Anstoß. Doch wird man sich
nicht die Hände binden lassen.
Meiner Meinung nach müßte man den ganzen Rhein bis
Basel, also außer dem linken Rheinufer auch einen Teil von
Elsaß fordern und nach Umständen darauf bestehen. Ganz un-
möglich ist es nicht, daß man es tut. Die Sachen sind noch im
Werden. Sich mit dem bloßen nackten Rhein zu begnügen, dafür
ist niemand.
Also etwas mehr geschieht immer, vielleicht mehr an einem
Teil, wie am anderen. Denn ein beträchtliches Stück Brabants
muß Holland vergrößern und sichern. Auch die Art der Unterhand-
lung ist nicht ganz fest ausgemacht. Ein Kongreß wird vermutlich vor
der Abmachung der Hauptbedingungen gar nicht stattfinden, sondern
nur nachher, um alles weitere und alles Detail abzumachen.
Die Kriegsoperationen haben unstreitig den Zweck gehabt und
haben ihn noch, die Friedensunterhandlungen zu beschleunigen.
Die Hauptarmee geht in Frankreich hinein auf Paris los. Ob
sie hineingehen, wo sie Halt machen soll? Darüber hat man sich
wohl nicht so bestimmt entschlossen. Man hat wohl nur gedacht,
vorwärtsgehen und unterhandeln, so wird eins das andere
treiben, und man wird zum Ziel kommen, ehe man zu tief darin
ist. Am meisten in Verlegenheit könnte Napoleon uns meines
Erachtens setzen, wenn er nicht Frieden machte und uns auch nur
in den Plätzen widerstände. Er zwänge uns dann, eine Partie
zu ergreifen, und jede würde schwierig sein.

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