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[ Band 4 Brief 112: Humboldt an Caroline Freiburg, 8. Januar 1814 ]
Frieden auf die Basen der Alliierten machen will, ruft die Fran- zosen zur Hilfe ihrer Landsleute in den von uns angegriffenen Provinzen auf, nennt unter diesen den Elsaß, Franche Comté und Brabant, aber gar nicht das linke Rheinufer und schließt mit den Worten: »Il n’est plus question de recouvrer nos conquêtes«. Außerdem ist im »Journal de l’Empire« eine Adresse an das französische Volk, die auch, ob sie gleich nicht unterzeichnet ist, beweist, daß Gärung und große Unzufriedenheit herrscht. Es war fast vorauszusehen, daß dieser Mensch, den nur immer selbst schwache Menschen groß geglaubt haben, im Unglück zusammen- sinken würde, allein wenn sich jetzt zu dem Haß, der ihn in Frankreich unstreitig wie bei uns verfolgt, noch Geringschätzung oder gar Verachtung gesellt, so ist sein Sturz im Innern selbst auch außer- ordentlich möglich. Die verbündeten Armeen aus Frankreich zu entfernen, ist er jetzt offenbar schlechterdings außerstande, und wenn man mit Klugheit, Konsequenz und Mut verfährt, so wird er auch später dazu unvermögend sein. Ich schicke Dir eine Übersetzung der drei merkwürdigsten Stücke, die neulich in dem Moniteur gestanden haben, mit. Stärkere Dinge hat ein Regierender selten im Unglück gesagt. Diese Leichtigkeit, Eroberungen aufzugeben, ist wieder gleich empörend, als die Wut war, sie zu machen. Denn mit welcher Geringschätzung muß man seine Völker ansehen, wenn man eine so zahllose Menge von Opfern einer Sache bringt, die man mit einem Federstrich, fast noch un- aufgefordert, aufgibt. Ich habe heute Deinen Brief Nr. 103 bekommen, teures Herz. . . . Die sentimentale Frau v. Ompteda *) in Prag, von der ich Dir schon schrieb, pflegt von ihrem Mann zu sagen: »Ach, er ist ein Engel, es fehlen ihm nur die Flügel«. Heute habe ich mit diesem noch nicht flüggen Engel und Metternich beim Kanzler ——— *) Gattin des hannoverschen Diplomaten. 213