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[ Band 4 Brief 107: Humboldt an Caroline Freiburg, 29. Dezember 1813 ]
ich alles das auch fühle und doch gern noch Jahre so verweilte. Ganz so arg ist es nun nicht mit mir. Aber was davon war ist, ist, daß es mir unmöglich ist, länger als eine halbe Stunde in einem Gefühl der Unzufriedenheit mit einer äußeren Lage zu bleiben. Ich gewinne gleich mein Gleichgewicht wieder, siedle mich an und bin wie immer. Ihm fehlt das gar sehr. Ich bin hier in solche philosophische Ruhe und zugleich solche innere Tätigkeit geraten, daß Freiburg in mir Epoche machen wird. Ich habe oft bemerkt, daß das Schicksal einem manchmal kräftigende und beruhigende Seelenstimmungen gibt, ohne daß man weiß, woher sie stammen. . . . 108. Humboldt an Caroline Freiburg, 31. Dezember 1813 Es ist eigentlich schon 14, liebe Li, und Du mußt mir ver- zeihen, wenn ich heute wirklich nur zwei Zeilen schreibe. Wir haben den Jahreswechsel bei Stadion gefeiert, und er hat mit Radziwill *) der jetzt die Seele aller Amüsements hier ist, einen sehr guten, aber auch so starken Punsch gemacht, daß ich mich zu sehr zu erhitzen fürchte, (es ist gleich 2 Uhr) wenn ich lange aufbleibe. Nimm also nur meine herzlichsten und innigsten Wünsche für Dich und die Kinder. Möge das Jahr glücklich sein, wie das vergangene, aber möge unsere Trennung nicht mehr dauern. Sie zerstört den schönsten Lebensgenuß und raubt, was dem Herzen das Liebste ist. Mit jedem Tage empfinde ich es tiefer und spinne mich mehr ——— *) Fürst Anton Radziwill, geb. 1775, † 1833, Gemahl der Prinzessin Luise von Preußen. 205