< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 97:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 1. Dezember 1813   ]


bestärkt mich in meinem Räsonnement. Könnte ich mir je erlauben
oder nur je verzeihen, auch gegen ihn zu arbeiten, so würde ich eine
Stelle unter ihm suchen, um bald nicht mehr unter ihm zu stehen.
Dazu bin ich gewiß ebenso geschickt als ein anderer. Aber das will
ich und werde ich nie. Ewig Dein H.


98. Humboldt an Caroline               Frankfurt, 6. Dezember 1813

Burgsdorffen*) soll jetzt, seit der Schlacht bei Leipzig, doch
eine Reue anwandeln, daß er bei diesen ganzen unge-
heuren Ereignissen müßig gewesen ist. Ich fühle auch,
daß es jedem schwer auf dem Gewissen lasten muß. Ich, zum
Beispiel, so ruhig ich an andern Dingen arbeiten kann, wenn auch
wer weiß was um mich geschieht, und so wenig ich innere Neigung
habe, mich in die Welthändel zu mischen, wäre doch sicher, wenn
mich dieser Krieg noch so gefunden hätte, wie wir ehemals lebten, in
irgendeine Tätigkeit und am allereinfachsten in die militärische
bei der Landwehr getreten. Ja, ich gestehe Dir frei, was ich
sonst nicht sage, daß ich auch an Alexander sein Bleiben in Paris
nicht billige. Er konnte allerdings nichts für den Krieg tun, das
mit dem, was er dort treibt, vergleichbar wäre. Es war auch
allerdings ein mit dem, was er tun konnte, ganz unverhältnis-
mäßiger Verlust, wenn er im Kriege verunglückte. Aber das
Rechte besteht eben darin, daß man nicht in solchen Fällen den
Nutzen abwägt, und auf seine Person Wichtigkeit legen und sich
in solcher Art schonen, ist wenigstens außer aller Charakterschönheit.
Auch Körners Tod habe ich tadeln hören. Ein Mensch von
Talent sollte sich nicht aussetzen. Man kann auf keine unwürdigere
Art vom Talent, vorzüglich von einem Dichter reden. Das wahre

———
*) Wilhelm v. Burgsdorff, mit Caroline v. Humboldt befreundet.

                                                                       188