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[ Band 4 Brief 85: Humboldt an Caroline Frankfurt, 8. November 1813 ]
soviel ich kann zu wirken, und glaube nicht unglücklich darin zu sein. Die Sache muß noch mit großem Ernst angefangen werden, wenn sie völlig gelingen soll. Am Rhein zu stehen ist noch wenig, mindestens bei weitem nicht alles. Napoleon hat einen tüchtigen Kern zu einer neuen Armee mit hinübergenommen, er wird gewiß eine neue um diesen bilden, und ich glaube nicht, daß er jetzt schon einen guten Frieden für uns macht. Höchstwahrscheinlich muß man die Feindseligkeiten über unseren jetzigen Standpunkt hinaus fortsetzen. Dies aber ist nicht möglich, ohne Frankreich selbst zu berühren, und den ersten Schritt in Frankreich wird Napoleon benutzen, seine Kriegsführung populär zu machen. Alsdann kann noch ein großer Brand für lange Zeit entstehen. Wie dem aber sei, man muß hindurch und nicht nachgeben. Die wahre Freiheit Deutschlands muß jetzt errungen werden, und wem es um etwas in der Welt ernst ist, muß lieber alles aufopfern, als darin nach- lassen. Es gibt vielleicht kein Land, das so selbständig und frei zu sein verdient als Deutschland, weil keins seine Freiheit so rein und einzig zu innerer, jedem wohltätiger Anstrengung zu benutzen geneigt ist. Der Deutsche hat unter allen Nationen am wenigsten eine zerstörende und am meisten eine immer in sich zurückwirkende Kraft, und wenn der Besitz der Freiheit gerettet ist, wird Deutsch- land sicher sehr bald in jeder Art der Bildung und der Gesinnung hervorragen. Darum ist es so dankbar, gerade für dies Vaterland zu arbeiten. Der Ruhm und selbst die Ehre einer Nation sind vielleicht nur Geburten der Phantasie, Glück und Unglück nur vor- übergehende Erscheinungen, über die das Grab schweigt, das sich immer einmal schließt; aber wo, was man tut, in Geistesentwick- lung und Gemütskraft Wurzel schlägt, da arbeitet man für das Höchste und Unvergängliche. Die Liebe zu Deutschland ist daher auch wirklich eine andere, als die andere Nationen für ihr Vater- 165