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[ Band 4 Brief 77: Humboldt an Caroline Leipzig, 21. Oktober 1813 ]
wird übermorgen von Anstett *) nach Berlin geführt. Dort soll er solange bleiben, bis das Schloß in Schwedt eingerichtet sein wird, wohin er nachher gebracht werden soll. Als ihm Anstett heute angekündigt hat, daß es notwendig sei, ihn jenseits der Elbe zu bringen, ohne ihm noch bestimmt den Ort zu sagen, hat er geant- wortet: »Qu’il était au pouvoir des Souverains, et qu'il ne pouvait s’opposer à rien, mais qu’il espérait qu’une guerre qui avait pour but de rétablir l’ordre, ne serait pas commencée par la déposition d’un Prince légitime, qu’il était Saxon, et qu’il désirait mourir parmi les Saxons.« Die Sachsen scheinen keinen sonderlichen Anteil an ihm zu nehmen. Von den Souveränen hat ihn keiner gesehen. Carolinens Schwager versichert von einem württembergischen Generaladjutanten, der seit fünf Jahren immer mehr oder weniger um Napoleon ist, gehört zu haben, daß Napoleon manchmal jetzt entweder fast verrückt oder betrunken sein müsse, weil er zu Zeiten in solche Apathie verfalle, daß er schon habe vom Pferde gehoben werden müssen. Ob es wahr ist, daß er, wie man für gewiß be- hauptet, dem König von Sachsen gesagt haben soll: »Qu’il ferait encore 20 ans la guerre, qu’il pouvait disposer d’un million d’hommes et qu’il les ferait plutôt tuer tous l’un après l’autre que de faire la paix«, lasse ich dahingestellt sein. Hier in der Stadt gibt es manchmal noch die wunderbarsten und ergreifendsten Anblicke. In einer der engsten und besuchtesten Straßen hatten sich die französischen Verwundeten ein Etablissement auf einer Matratze gemacht, wo ich sie seit gestern habe essen und schlafen sehen, indes die Wagen unmittelbar an ihren Köpfen hin- gingen. Ein Franzose hatte sich das Bein abnehmen lassen, und gleich darauf nahm er ein Stück Holz und half sich damit wie mit einer Krücke fort, und als es nach wenigen Schritten nicht mehr ging, setzte er sich zum Ausruhen auf ein totes Pferd. ——— *) Vgl. S. 52. 151