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[   Band 4 Brief 45:    Humboldt an Caroline    Prag, 9. August 1813   ]


und sein Mitleid mit allem Unglück seiner Freunde und seine
Schwäche und egoistische Furchtsamkeit, davon abzuhelfen, im Kampf
miteinander zu sehen, ist eine überaus komische Sache.
Die Wolzogen schreibt mir mit einer Art Jammer, daß sie
Adolf *) nicht mehr zurückhalten kann. Sie fürchtet, er werde, wenn
sie ihn länger hielte, blind hineingehen. Ich habe ihr geantwortet,
daß das eben auch kein Unglück sei.
Lebe herzlich wohl, und erhalte mir Deine Güte und Liebe.


46. Caroline an Humboldt                      Wien, 9. August 1813

Soeben hab ich Theodor seine Büchse und ein paar sehr
schöne Doppelpistolen durch Herrn v. Rochow geschickt.
Denke nur, der Rochow, derselbe, der vor zweieinhalb
Jahren hier war, ist seit acht Monaten in Rom. Er saß im April
schon im Wagen, als ihm die Polizei andeuten ließ, er könne nicht
fort und sei Kriegsgefangener. Durch alle Nachrichten des Monats
Mai ist nun der Arme in eine Art von nagender Melancholie
gefallen. In solchem Zustand der Dinge entschließt sich Ramdohrs **)
Frau zurückzugehen, weil Ramdohrs gar kein Geld mehr aus Deutsch-
land empfingen, und ihre Ausgaben durch eine Vermehrung der Familie
(sie ist guter Hoffnung) noch zunehmen. Die kleine Frau, gerührt
durch Rochows Seelenzustand, entschließt sich, ihn mit als Bedienten
zu nehmen. Und gesagt, getan. In weniger wie elf Tagen kommt
sie hier mit ihm an, und Rochow geht nun heute ins Hauptquartier,
um Dienste zu nehmen, und hat Briefe und Pakete dahin mit-

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*) Einziger Sohn Caroline v. Wolzogens.
**) Baron Ramdohr, Kunstschriftsteller, bereiste 1810 und 1811 Italien
und versah später in Rom die Gesandtengeschäfte, geb. 1752, † 1822 als
preußischer Gesandter in Neapel.

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