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[ Band 4 Brief 23: Humboldt an Caroline Ratiborschitz, 25. Junius 1813 ]
Zwischenzeit hier ist sonderbar genug. Da es kalt ist, so gehen wir nicht spazieren, sondern ich sitze meist den ganzen Tag allein in meinem Zimmer, wo zweimal geheizt wird, und nur mittags und abends kommt man zusammen. Bücher sind zwar sehr viele und schöne, auch tiefgelehrte im Hause, allein ich bin nicht in der Stimmung, zu lesen. Ich bin meist müßig, sehe auf das lange Wiesental und die Hügel jenseits hin und denke an die nächste und ferne Zukunft. Viel rede ich noch mit Gentz, obgleich das Reden mit ihm jetzt nicht mehr helfen kann. Mein Gesichtspunkt muß, wie er selbst eingesteht, sein, wie er ist. Er hat andere, die mir nicht nützen können. In 14 Tagen hoffe ich freier und glücklicher zu sein, ich würde auch jetzt heiterer sein, wenn ich mehr handeln könnte, allein so fühle ich mich gebunden und dadurch ordentlich schwer beklommen. Doch ist das ein widernatürlicher Zustand in mir, der darum auch nicht dauern wird, den ich aber doch segne, weil er in die Tiefe des Inneren gräbt, was nie ohne Nutzen und Heil ist. Weder er selbst noch das Schicksal können je genug an dem Menschen arbeiten; was ich am meisten in mir schätze, ist, daß ich das immer zur Maxime hatte. Es muß im Innern eine eigene Welt geben, über die die Wellen des Lebens nur hinwegschlagen, und die still und verborgen sich fortbildet. Oh! liebe, teure Seele, ich kann Dir nicht sagen, wie unendlich ich Dich vermisse. Es ist mir oft, als hätte ich Dich noch nie so ge- liebt, da das einzig ganz reine und ganz glückliche Gefühl mit jedem Tage wächst, es ist mir, als hätte ich es sonst gar nicht ernsthaft genug gefühlt, was das eigentlich heißt, daß ein Mensch so den andern findet und der andere immer so treu bleibt, wie Du mir. Alle Verhältnisse der Erde kommen mir so flach und unbe- deutend gegen dies vor, und sie sind es. Denn Du bist einzig, und wenn ich auch wieder die Männer ansehe, so weiß ich keinen, der Dich so mit ewig wachsendem Gefühl empfunden hätte. Wenige 43