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[ Band 3 Brief 222: Humboldt an Caroline Thalebra, 2. September 1810 ]
nicht sagen, wie still und glücklich ich mich in Burgörner und Au- leben gefühlt habe. Die Einsamkeit und die freie Natur taten mir unglaublich wohl. Dann so viele süße und tiefe Erinnerungen! Ach, mein süßes, teures Herz, ich hätte nichts ohne Dich und habe alles mit Dir. Es ist ein eigenes Ding um das Leben. Ich werde nie wieder einem Menschen so dankbar sein, als ich Carln *) bin, der mich zuerst nach Burgörner führte. Sei Du nur auch recht glücklich, mein teures, einzig süßes Herz, richte Dein Leben, auch wenn wir wieder beisammen sind, recht ein, wie Du willst, und wie es Dir gefällt. Dein Glück ist immer das einzige Ziel meines Lebens gewesen, und selbst wenn es möglich wäre, Dich weniger zu lieben, als ich Dich liebe, würde ich mir doch darin immer gleich bleiben. Jedes menschliche Leben hat ein Ziel. Mir wird nichts gerade sichtbar nachbleiben, was ich getan hätte. Ich bringe schwerlich irgend etwas hervor, was mich überlebt. Meine Tätig- keit im Dienst sehe ich, obgleich ich gewiß alles tun werde, was der Moment erlaubt, für den Dienst nur für ein Fortvegetieren an. Aber eine Sache glaube ich getan zu haben, Dich durchs Leben begleitet zu haben, wie es wenigstens Deiner nicht unwert war, gemacht zu haben, daß Du in Freiheit und Schönheit walten, das Leben tief und rein empfinden konntest im Glück und im Unglück, was das Einzige ist, was der Mensch, der sich und sein Schicksal versteht, wünschen muß, und das Wirken, das Beschäftigt- sein um einen Menschen, dies ausschließliche Leben für einen ist mir immer das Höchste und Beste gewesen und wird es bleiben. Schon das Glück an sich, ich meine das, was man macht — auf das, was man selbst genießt, hielt ich nie so viel — ist nicht wenig, von wem es auch sei, den Kummer, die Mühsal, die Langeweile ab- zuwehren, die Menschen den Menschen, selbst absichtslos, und oft ——— *) v. Laroche. 462