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[   Band 3 Brief 184:    Caroline an Humboldt     Fondi, 8. Mai 1810, um Mittag   ]


Der Anblick des Vesuvs, diese ungeheure, furchtbare Unfrucht-
barkeit hat wirklich etwas tief Erschütterndes. Der Wind war uns
sehr günstig und trieb den Schwefeldampf und Rauch vor uns ab-
wärts, so daß wir der allerherrlichsten Aussicht genossen. Die Sonne
sank hinter Circello ins Meer, und lange vorher spiegelte sich ein
zweites täuschend wahres Sonnenbild im Meer. Die ganze
Pracht der allerherrlichsten Gegend lag vor uns. Ach, wie habe
ich Dich, mein Teurer, zu uns gewünscht!
Nun, mein Herz, werde ich recht fleißig in Rom sein, um
alles zu ordnen und mich dann nicht säumen aufzupacken, so schnell
es gehn will. Ich sehne mich sehr nach Deinen Briefen, in Rom
hoffe ich mehrere zu finden. Grüße tausend, tausendmal Theodor,
wie sehr würde er sich ergötzt haben, das Toben des Schlundes zu
hören, in dem es immerfort tobt, als ob ein ungeheurer Sturmwind
unten wütete, und zischend fährt es dann herauf wie Dampfwolken.
Einmal schlug eine hohe Flamme mit herauf.
Addio, bald mehr aus Rom.
Ich küsse Dich.


185. Caroline an Humboldt                    Rom, 11. Mai 1810

Bei meiner vorgestrigen Ankunft hier habe ich, geliebtes,
bestes Herz, vier Briefe von Dir vorgefunden. Ich fange
mit der Beantwortung der beiden letzten *) an, die die
Möglichkeit Deines Abschiednehmens enthalten. Ich kann den
Schritt nicht mißbilligen, wenn die Sachen so kommen, wie es ein-
geleitet zu sein scheint, denn Deine Ehre wäre dabei kompromittiert,
und mein Motto ist allerdings auch: »Bleibt der Ruhm das

———
*) Vom 14. und 17. April.

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