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[ Band 3 Brief 180: Humboldt an Caroline Berlin, 14. April 1810 ]
180. Humboldt an Caroline Berlin, 14. April 1810 Die Krise, liebe Li, von der ich Dir längst schrieb, scheint im jetzigen Augenblick wenigstens einigermaßen gekommen und veranlaßt mich, Dir eiligst über Deine eigenen Entschlüsse zu schreiben. Die Sache ist nämlich diese: Seit langer Zeit soll hier ein Staatsrat gebildet werden. Nach der ursprünglichen Idee und der Verordnung, welche der König im Jahre 1808 unterschrieben hat, sollen in diesem Staatsrat die Geheimen Staatsräte gleiche Stimme mit den Ministern und folglich auf jeden Fall eine entscheidende haben. Auf diese Verordnung hin bin ich eigentlich berufen und angestellt. Seit dieser Zeit hat man den Staatsrat nicht organisiert, offenbar weil man Eifersucht gegen die Geheimen Staatsräte hatte und von ihnen überstimmt zu werden fürchtete. In diesem Augen- blick haben nun die Minister oder einige von ihnen den König be- wogen, unterm 31. März eine Kabinettsorder zu unterschreiben, in welcher ein interimistischer Staatsrat eingerichtet wird. In diesem sollen die Geheimen Staatsräte keine entscheidende, sondern nur, gleich den Staatsräten, eine beratende Stimme haben. Die Kabinettsorder ruht noch für den Augenblick bei den Ministern, allein sie ist ergangen, und Dohna hat sie mir gezeigt. Wenn sie nun wirklich bekanntgemacht und die Sache ausgeführt wird, so bleibe ich nicht, sondern fordere augenblicklich meinen Abschied. Du mußt Dich darüber nicht wundern, teures Herz. Ich weiß, daß Du gegen das Abschiednehmen bist, aber wenn Du hier wärest, würdest Du es selbst billigen, davon bin ich überzeugt, und tätest Du es nicht, so könnte ich mir hierin nicht helfen, sondern müßte, so ungern ich es täte, gegen Deinen Willen handeln. Es wider- spricht geradezu meinem Ehrgefühl, mir eine solche Zurücksetzung gefallen zu lassen, und außerdem verliere ich auch dermaßen an 374