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[   Band 3 Brief 163:    Humboldt an Caroline    Berlin, 10. Februar 1810   ]


Hedemann hatte der Prinzessin Wilhelm so viel von dem
Miniaturbilde der Li erzählt, daß die Prinzessin mich darum ge-
beten hatte. Ich habe es ihr mit der Zeichnung geschickt, und es
hat viel Glück gemacht. Gestern abend hatte Prinzessin Luise
ein Halsband von Amethysten, das mich sehr für die Li tentiert
hat. Auf ihrem weißen Halse müßte es himmlisch ausgesehen
haben. Aber es sollte 60 Louisdor kosten, das ist selbst für unsere
Reichtümer zu viel. Die Leute entêtieren sich aber auf unsere
Schätze. Ich bestreite zwar das, aber ein Krösus bleibst Du doch,
und ein so lieber und guter Krösus. Dein letzter Brief ist wieder
die Güte selbst. Wie sollte ich nicht immer heiter und aufgelegt
sein, da ich auch entfernt Dich immer in der Seele trage? Ich
schlafe mit Dir ein und stehe mit Dir auf. Wenn mir mein Be-
dienter jetzt Licht bringt, dann lege ich mich noch einmal herum
und denke an Dich, halte eine ordentliche Andacht mit Dir, wie
die Gläubigen mit den Heiligen und sehne mich nach Dir, seufze
und freue mich, daß Du bald hier sein wirst. Ach, behalte mich
nur lieb, ich bitte Dich! Umarme alle Kinder. Dein H.


164. Humboldt an Caroline                  Berlin, 16. Februar 1810

Ich stelle mir vor, daß Du, mein teures Herz, jetzt Deiner Reise
nach Neapel nahe bist. Ich kann Dir nicht sagen, wie
leid es mir tut, daß Du Neapel nur so wie eine Reisende
siehst, ohne das Gefühl des ruhigen Bleibens, das allem Sehen
eines Landes erst den wahren Reiz gibt. Man fühlt ein Land
nicht eigentlich, in dem man nicht die Jahreszeiten voll umrollen
sah. Himmel und Erde, auch die zaubervollsten, sind nichts, wenn
sie nicht zusammenfließen mit dem Leben, und das Leben spricht

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