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[ Band 3 Brief 130: Humboldt an Caroline Königsberg, 10. November 1809 ]
Er ist einer der interessantesten Menschen. Sehr gelehrt, kundig in allen neuen Verhältnissen, amüsant und von einem sehr guten Ton, wie ihn nur Reisen und Umgang geben. Seine Frau schreckt durch ihre Häßlichkeit anfangs sehr ab; eine magere, nicht mehr junge, bretterne Dänin. Aber sie scheint innern Wert zu haben. Sie ist unterrichtet, hat eine große Liebe zum Mann und spricht sehr verständig. Sie gefällt mir eigentlich, trotz des Äußern, und ich werde beide oft sehen. Carl *) schreibt mir: »Ich freue mich auf die Aussicht, daß Caroline kommt. So ist es recht. Was soll das getrennte Leben, und Euch beiden wird es doch ein gut Teil wohler sein. Warum läßt Du sie nicht schon jetzt kommen? Ich tät es an Deiner Stelle.« Schon einmal schrieb er mir in ähnlicher Art, unter anderm: »Die Frau muß beim Mann sein.« Du siehst, daß Carl noch immer der alte Carl ist. Dieselbe Strenge, dieselbe Gebunden- heit, dieselbe Beurteilung aller Dinge nach gewissen allgemeinen Grundsätzen. Die Moral, die die höchste Moral tötet, welche die Verhältnisse an Stelle der Menschen setzt, die tiefste und innerste Größe, die Achtung der Freiheit verkennt und dadurch selbst in zarten und weichen Gemütern (denn wirklich, glaub ich, könnte ich eher noch, als Carl, hart und despotisch sein) Zartheit und Weichheit vertilgt. Ich sollte mein süßes Kind kommen lassen? Der Ausdruck schon ist schrecklich, wie man ein Buch, eine Büste kommen läßt. Es gibt freilich Frauen, die man vielleicht so behandeln muß, die recht gut und brav sein können, aber nur im Ver- hältnis gelten, in das die Natur sie setzt. Hätte mich je das Schicksal so blenden können, eine solche zu heiraten, so würde auch ich so mit ihr umgehen; die tiefe und wahre Achtung für das ——— *) Carl v. Laroche. 274