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[ Band 3 Brief 11: Humboldt an Caroline Erfurt, den 16. November 1808 ]
wieder antreten, so habe ich dabei nichts zu erinnern. Übrigens empfehle ich Ihnen diese Sache dringend.« Kunth hat hierauf noch einmal abratend geschrieben und Dohna *) vorgeschlagen. Da Kunth dringend Antwort forderte, so habe ich geschrieben: »ginge Stein nur im mindesten in den Vorschlag mit Dohna ein, so solle er ganz von mir schweigen und fortdauernd dazu raten. Beharrte aber der Minister hartnäckig bei mir, so möchte er ihm sagen, ich sei in Erfurt und bereit, auf jeden Wink nach Berlin oder selbst Königs- berg zu kommen. Durch Schreiben lasse sich die Sache nun einmal nicht ferner abmachen.« Mein Wunsch wäre, es alsdann dahin zu bringen, daß ich beim auswärtigen Departement und womöglich in meinem römischen Posten bliebe, nur kommissionsweise die Organi- sation des Erziehungswesens zugeteilt erhielte und nach beendigten Geschäften nach Rom zurückginge. Vielleicht zerschlägt sich auch alles, wenn Stein, der vielleicht ganz falsche Begriffe von mir hat, mich sieht. Besteht er aber auf seinem Einfall, so siehst Du selbst, bleibt mir, liebe Li, nichts übrig als nachzugeben und nur das temporäre Arrangement womöglich zu bewirken. Sonst leidet zugleich meine äußere Lage und mein Ruf, der bis jetzt intakt ist. Ich habe aber zu verstehen gegeben, daß ich noch mehr Gründe, als ich sage, gegen die Sache habe. Und in der Tat habe ich sie. Was läßt sich jetzt im Preußischen tun, wo man so wenig Mittel hat? Ge- lehrte dirigieren ist nicht viel besser, als eine Komödiantentruppe unter sich zu haben, und dies ganze Fach ist der Beurteilung, ge- rechter und ungerechter, eines jeden ausgesetzt. Von den Menschen in Erfurt kannst Du annehmen, daß noch alle leben, aber es ist als käme man zu Leichen. Ich habe zu allen ——— *) Graf Alexander zu Dohna, geb. 1771, † 1831. Seit 1807 Präsi- dent der Domänenkammer zu Marienwerder, wurde nach Steins Rücktritt 1808 Minister des Innern. 19